268 Die Österreichisch· Ungarische Monarchie. (August Anfang.)
die nicht und könne dies nicht wollen, weil ihre Stellung von der aus-
wärtigen Konstellation bedingt werde, von dem österreichisch-deutschen Allianz-
vertrage und vom Dualismus. Es handle sich um nichts anderes, als um
eine deutsch-magyarische Koalition zu erzielen, damit Mitteleuropa, welches
immer durch das germanische Volk repräsentiert wurde, sich auf den großen
unausweichlichen Kampf mit dem Slawentum vorbereiten könne. Zu diesem
Zwecke habe auch Österreich seinen Schwerpunkt gegen den Balkan hin ver-
schoben. Die Grundlagen dieser Politik des deutschen Stammes werden durch
irgend eine Subvention oder durch hingeworfene Brocken nicht geändert.
Das tschechische Volk müsse daher wissen, welchem Zwecke es diene. Es müsse
wissen, daß es ein Volk sei, welches durch diese germanisch-magyarische Politik
gefesselt und an die Tendenzen dieser Politik gekettet werden soll. Indem
man nun tschechischerseits die Regierung unterstütze, unterstütze man auch
diese Politik, und darin liege der große Fehler. Seitdem das tschechische
Volk die Opposition aufgegeben, habe es auch die früheren Sympathien der
freiheitliebenden Völker eingebüßt; es bleibe nichts anderes übrig, als sich
der nationalen Überzeugungen wieder voll bewußt zu werden.
Anfang August. (Bischof Stroßmayer und die Kiewer
Jubelfeier.) Bischof Stroßmayer sendet aus Anlaß der 500—
jährigen Jubelfeier des Slawentums folgendes Telegramm nach
Kiew:
„Ich habe die Ehre, mit aufrichtigster Freude an Ihrem heutigen
Feste teilzunehmen. Das Erbe des heiligen Wladimir, der heilige Glaube,
ist die Auferstehung und das Leben, Licht und Ruhm für das große russische
Volk. Möge Gott Rußland segnen und ihm helfen, in wahrem Glauben,
mit Gottes Hilfe und christlichem Heldenmut, trotz seiner übrigen Aufgaben
auch jene große Weltmission, die ihm von Gott bestimmt ist, zu erfüllen.
Das ist der aufrichtige Wunsch meines Herzens. Ich bitte, drücken Sie diese
Gefühle den übrigen Brüdern aus, welche ich freundschaftlich beglückwünsche
und väterlich segne. Bischof Stroßmayer.“
Das ungarische Regierungsblatt, der „Nemzet“ verurteilt an
leitender Stelle das Vorgehen des Bischofs, dessen Telegramm an
das Rektorat der Kiewer Universität eine wahre Verherrlichung
Rußlands sei. Was Stroßmayer in seinem Telegramm besagt, be-
merkt der „Nemzet“, ist mehr, als was man in welchem Staate
immer wortlos, ohne starke und exemplarische Zurückweisung dulden
würde.
Beim Lesen dieses Telegramms, fährt Nemzet fort, dachten wir eine
Mystifikation vor uns zu haben, denn keine orthodox-russische Expositur
hätte ein anderes Telegramm nach Kiew senden können, als der Diakovarer
katholische Bischof Stroßmayer. Wenn ihm die „Weltmission“ Rußlands
so am Herzen gelegen ist, dann mag er nach Kiew oder Sibirien gehen.
Sein Telegramm beweise, daß er weder kroatischer Patriot, noch katholischer
Oberhirt, noch ein treuer und loyaler Sohn seines Vaterlandes sei. Daß
schon sein bisheriges Vorgehen auch an der a. h. Stelle Unmut hervorrief,
davon hatte der Bischof Gelegenheit, sich anläßlich der Manöver in Sla-
wonien zu überzeugen.
Monat August. (Ungarn: Differenzen mit der Kirchen-
behörde.) Nach einer Graner Meldung des „Pesti Hirlap“ ist