Die Österreichisch-Ungarische Monarchie. (Oktober 18. -2. Hälfte.) 277
bringen, so daß auch der ungarische Teil der Armee unter „das
preußische Oberkommando“ hätte gestellt werden sollen. Das offi-
ziöse „Wiener Fremdenblatt“ weist diese Behauptung als erfunden
zurück:
„Wäre dieser Hetzartikel", schreibt es, „in einem obskuren Blatte er-
schienen, wir hätten uns gerne die Mühe der Lektüre erspart. Da er aber
in das Hauptorgan der Jungtschechen Eingang gefunden, einer Fraktion, die
unablässig auf ihre steigende Stärke verweist, so sind wir gezwungen, Notiz
von demselben zu nehmen, um zugleich den Bersuch, die Bevölkerung gegen
das Bündnis mit Deutschland aufzureizen, energisch zurückzuweisen. Es ge-
hört mindestens große Kühnheit dazu, ähnliche Fabeln nach den Toasten in
der Wiener Hofburg in Umlauf zu bringen.“
Zum Schluß bemerkt das offiziöse Blatt, daß auch die alt-
tschechischen Organe schließlich die Verpflichtung hätten, gegen ein
solches unverantwortliches Treiben ernstlich und nachdrücklich auf-
zutreten.
18. Oktober. (Österreich: Graf Schönborns Politik.)
Der neue Justizminister, Graf Schönborn, hält eine Ansprache an
seine Beamten, in der er erklärt, daß er als Kabinetsmitglied sich
der Politik des Kabinets anschließen müsse und werde. Die Re-
gierungsorgane heben diesen Satz der Rede des Ministers besonders
hervor.
18. Oktober. (Ungarn: Etatsberatung.) Minister-Präsi-
dent Tisza gibt ein Exposé über den Voranschlag, in dem er nach-
weist, daß,
obwohl sich infolge der Erfordernisse für die gemeinsame und die
Honved-Armee die Hoffnungen um 3½ Millionen verschlechtert hätten, be-
züglich der Herstellung des Gleichgewichts dennoch schon in dem Budget für
1889 ein großer Schritt vorwärts geschehen sei, indem das Defizit um 5
Millionen abgenommen habe. Nennenswerte Kreditüberschreitungen seien
nicht vorgekommen. Die Lage der Staatskassen sei günstig gewesen, die Ein-
nahmen in den ersten 8 Monaten des laufenden Jahres seien um 4 Millionen
günstiger gewesen, als in dem gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Re-
gierung habe überall Sparsamkeit beobachtet; die Einnahmen aus der Brannt-
weinsteuer seien nur mit 10 Millionen präliminiert, obschon voraussichtlich
im nächsten Jahre hieraus 4 bis 5 Millionen mehr zu erwarten seien. Der
Minister spricht die Überzeugung aus, daß, obwohl im Jahre 1890 bei
mehreren Ressorts unaufschiebbare Ausgaben in Aussicht ständen, doch im
Budget pro 1890 das Gleichgewicht ohne Defizit vollständig hergestellt sein
werde. Er gründet seine Hoffnung auf die Branntweinsteuer, sowie auf die
sukzessive Steigerung der Staatseinnahmen, namentlich infolge der Vermin-
derung des Schmuggels, auf die Tabaksgefälle und auf die in geeigneter
Weise durchzuführende Konversion und endlich auf das Festhalten an der
strengsten Sparsamkeit. Die Regierung habe ihr Versprechen, demnächst eine
Reform der Finanzverwaltung zu unterbreiten, eingehalten.
2. Hälfte Oktober. (Kalnoky und Giers.) Anläßlich des