Spanien. (März 2. Hälfte—April Mitte. 285
Verbannung lebende Führer der progressistischen Republikaner Ruiz
Zorilla erläßt ein neues Manifest an seine Gesinnungsgenossen.
Dasselbe bezeichnet die Gründung einer spanischen Republik auf Grund-
lage des allgemeinen Stimmrechtes als das selbstverständliche Ziel der Partei.
Es spricht von dem gegenwärtigen liberalen Regime als einem „künstlichen“,
welches alle Mittel anwende, um die definitive Befestigung der Demokratie
in Spanien zu vereiteln. Die Regentschaft sei nicht im stande, Spanien
jenen Rechtszustand zu geben, welchen einige Republikaner noch von dieser
Regierungsform zu erhalten im Wahne leben. Es herrsche heute „ein Zu-
stand der Unmoralität“ in Spanien, wie niemals vorher. Zorilla gedenkt
darauf der Verbannten und politisch Verurteilten und spricht den Wunsch
aus, daß Parteigenossen und Verteidiger eines zwanzig Monaten alten Königs
eine Situation heraufbeschwören, welche den Republikanern erlauben werde,
noch einmal den Kampf um jene Freiheiten zu führen, welche ehedem die
Republik Spanien gegeben hatte. Er hege die feste Hoffnung auf die Ver-
einigung aller Republikaner und die schließliche Zustimmung des ganzen
Landes für welches dann eine Zeit der friedlichen ehrlichen Arbeit gekommen
sein werde.
2. Hälfte März und folgende Monate. (Heeres-Organi-
sation.) Der Kriegsminister Cassola bringt einen Gesetzentwurf
ein, dem das Prinzip der allgemeinen Wehrpflicht zu Grunde liegt.
Spanien soll dadurch 400.000 Mann im Kriege aufstellen können.
Alle spanischen Unterthanen sind danach mit dem vollendeten 20. Jahre
dienstpflichtig und bleiben auf der Halbinsel zwölf und in den Kolonien
acht Jahre im Dienste, wovon drei Jahre auf den Dienst unter der Fahne,
vier Jahre auf die erste und fünf auf die zweite Reserve entfallen. Die
Reserven können jeden Augenblick zu den Waffen berufen werden, die zweite
Reserve indessen auf nicht länger als einen Monat jährlich.
11. April. (Amnestierungs-Antrag.) Die Kammer ver-
wirft mit 154 gegen 28 Stimmen einen Antrag auf Amnestierung
aller politischen Verbrechen, nachdem Sagasta erklärt hatte, daß,
so lange er am Ruder bleibe, er immer eine Amnestie zurück-
weisen werde.
Die Folge dieser Haltung des Ministeriums ist, daß die
republikanischen Fraktionen beschließen, das Kabinet sowohl in der
Kammer als in politischen Meetings in energischer Weise zu be-
kämpfen.
Mitte April. (Manifest Don Carlos'). Der Kron-Prä-
tendent Don Carlos erläßt in dem karlistischen „Comes Catalan“
unter dem Titel „Der Gedanke des Herzogs von Madrid“ eine Art
Manifest.
„Ich bin Don Carlos“ — erklärt er darin — „was ich immer war,
mich immer genannt habe, der Mann von den Jahren 1868, 1869, 1872,
1875 und wie immer. Mein Name allein ist ein Programm: Für Gott,
Vaterland und König.“ Als Vorschriften gibt er seinen Anhängern: Seid
einig im Gehorsam gegen den Papst und die Kirche in allem, was die Re-