Großbritannien. (Mai 2. Hälfte—31.) 305
der deutschen Regierung habe ein Meinungsaustausch stattgefunden und sei
eine Übereinstimmung der Ansichten hinsichtlich der Basis eines Abkommens
wegen der zukünftigen Regierung Samoas vorhanden. Hinsichtlich des Vor-
schlages , daß Deutschtand die Mandatmacht in Samoa sein solle, sei noch
kein Abschluß erfolgt. Es sei zweifelhaft, ob die Vorlage irgend eines Teiles
des Schriftwechsels schon tunlich ist.
Bei der Beratung des Ausgabe-Budgets versichert Fergusson wieder-
holt, die Regierung sei keinerlei dem Hause unbekannte Verpflichtung ein-
gegangen, durch welche eine materielle Aktion Englands zugesagt würde. Es
wäre indes unklug und nicht weise, wenn die Regierung die Enthaltung
von jeder Einmischung in die Weltereignisse zusagte, da England überall
Interessen zu wahren habe.
Die unbegrenzten Forderungen Portugals in Inner-Afrika werden
von der Regierung nicht anerkannt. England könne nicht zugeben, daß
Portugal den freien Handelsweg in Inner-Afrika verlege und die Passage
auf dem Zambesi-Flusse absperre. Das Recht, von den in portugiesisches
Gebiet eingeführten Waren einen Eingangszoll zu erheben, werde von Eng-
land respektiert.
2. Hälfte Mai. (Englische Ostafrikanische Gesellschaft.)
Es bildet sich eine englische Ostafrikanische Gesellschaft, deren Ge-
biet an das der deutschen Ostafrikanischen Gesellschaft angrenzt.
Die neue Handelsgesellschaft ist durch eine Charte der britischen Krone
ermächtigt, Zölle und Steuern zu erheben, eine bewaffnete Macht zu organi-
sieren und im Bereiche eines sehr großen Flächenraumes die höchste Gewalt
auszuüben. Die Grenzen des neuen englisch-afrikanischen Staates sind noch
nicht genau festgestellt, aber derselbe dehnt sich von einem Punkte nördlich
von der Region, welche die Deutsche Ostafrikanische Gesellschaft innehat, in
der Nähe von Sansibar, nach dem Somali-Lande und westwärts nach dem
Albert-Nyanza-See aus. Der Sultan von Sansibar hat der neuen briti-
schen Gesellschaft Pemba und verschiedene andere kleine Inseln längs der
Küste abgetreten und ihr die Autorität über das Küstengebiet nördlich von
dem Territorium der Deutschen Ostafrikanischen Gesellschaft zugestanden. Die
Gesellschaft erklärt, sie werde zuvörderst mehrere der kleinen Inseln befestigen
und mit Besatzungen versehen, zur Sicherheit des Handelsverkehrs wie zur
Unterdrückung des Sklavenhandels.
31. Mai. (Unterhaus: Kolonial-Politik.) Bei der Be-
ratung des Ausgabe-Budgets, Kapitel „Auswärtiges Amt“, erklärt
der Unter-Staatssekretär Sir James Fergusson, Suakim werde nicht
von England, sondern von der egyptischen Regierung gehalten.
Diese Erklärung involviere einen großen Unterschied. Die Ver-
waltung Egyptens sei den Egyptern überlassen worden und Eng-
land stehe ihnen bei, die Verwaltung des Landes zu verbessern.
Hinsichtlich des Handels mit Süd-Afrika
seien andere Nationen nicht unempfindlich. Dort sei für den briti-
schen Handel wenig Aussicht, ausgenommen durch Eröffnung neuer Märkte.
Die Errichtung von Handelsgesellschaften in Afrika sei die legitime Form
für britische Unternehmungen und nur geeignet, Englands Interessen zu
fördern. Es sei nicht wünschenswert, die englischen kolonialen Besitzungen
da auszudehnen, wo dieselben sich nicht in natürlicher Weise ausdehnen;
Europ. Geschichtskalender. XXIX. Vd. 20