312 Großbritamien. (August 7.—8.
ein Tribunal ernannt, um diese Berbrechen mit Billigkeit und Unparteilich=
keit zu untersuchen. Die „Times" habe erklärt, daß eine angeblich konsti-
tutionelle Organisation in Wirklichkeit Verbrechen durch die Finger gesehen,
zu Verbrechen ermuntert, denselben Vorschub geleistet und Hilfsquellen von
Verübern von Verbrechen bezogen habe, eine so stark beunruhigende Anklage,
welche eine gründliche Enquete erheische. Es sei vollkommen wahr, fährt
dann der Minister fort, daß gewiß vielleicht eine große Anzahl von Par-
laments-Mitgliedern mit der erwähnten Organisation in Verbindung stünde,
und als Mitglieder dieser Organisation gehörten sie unzweifelhaft in den
Spielraum der Untersuchung, jedoch nur als solche, nicht als Parlaments-
Mitglieder. Diese ganze Wolke von Argwohn und Anklage müsse zerstreut,
eine Gewißheit in dem einen oder anderen Sinne erlangt werden.
Am 8. August findet im Unterhaus die dritte Lesung über
den Bericht der Parnellschen Untersuchungs-Kommission statt. Das
Haus nimmt mit 180 gegen 64 Stimmen die dritte Lesung an.
Die Parnelliten verlassen vor der Abstimmung den Saal, nachdem
Sexton erklärt hat, daß die Parnelliten nicht für die Verwerfung
stimmen, weil dies gedeutet werden könnte, als wollten sie der Unter-
suchung ausweichen, daß sie aber auch nicht für die Bill stimmen,
weil dies die Zustimmung zu der Vorlage ausdrücken würde.
7. August. (Oberhaus) erledigt in einer Sitzung sämt-
liche Paragraphen der Lokalverwaltungs-Bill mit einigen unwesent-
lichen Abänderungen.
8. August. (Rede Salisburys.) Bei dem Banket, wel-
ches der Lordmayor zu Ehren des Kabinets gibt, erklärt Salisbury,
den Toast auf das Ministerium beantwortend:
Man könne mit größerer Zuversicht als je sagen, daß das Ziel aller
Herrscher die Sicherung ununterbrochenen Friedens sei. Was Burlgarien
anlange, so deute, soweit die auswärtigen Mächte in Frage kommen, alles
auf zukünftige Ruhe und Frieden hin. Bei den leitenden Staatsmännern
Europas trete die Ueberzeugung hervor, daß es das beste sei, Bulgarien sich
selbst zu überlassen. Solche Politik konveniere allen europäischen Staaten
unzweifelhaft. England wünsche nur die Freiheit und Unabhängigkeit Bul-
gariens Deutschland habe stets erklärt, daß ihm Bulgarien eine gleichgiltige
Iingelegenheit sei, Oesterreich wünsche die Aufrechterhaltung des territoriellen
Status quo und Rußland strebe wohl als hochste Genugthuung für die
Tapferkeit seiner Soldaten, welche für die Freiheit Bulgariens geblutet, ein
blühendes, zufriedenes Bulgarien an. Auf die jüngste Kaiserbegegnung über-
gehend, sagt Salisbury, der jetzige Kaiser von Deutschland habe vom An-
beginn seiner Herrschaft an den hohen Sinn für den Wert des Friedens
nicht nur für die Menschheit, sondern auch für sein Reich, welchem der
Friede ein absolutes Bedürfnis sei und ohne welchen es alle die herrlichen
Ergebnisse, welche es gewonnen, aufs Spiel setzen würde, gezeigt. Deutsch-
land habe wie England alles das gewonnen, was es nur gewinnen konnte,
und wünsche nur, daß seinem Volke gestattet sei, seine eigene moralische und
industrielle Entwickelung auf der Grundlage der bestebenden territorialen
Arrangements zu verfolgen. Dieser Geist bezerle den deutschen Kaiser. Er
sei überzeugt, die Unterredung zwischen den beiden Kaisern gebe dem Kaiser