Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

314 Grobtbriteumien. (Oktober —November 8.) 
Bündnisses mit den Konservativen bezeichnet er die Bildung einer nationalen 
Partei. Es hätte in der englischen Geschichte niemals drei selbständige poli- 
tische Parteien gegeben, die Vereinigung zweier derselben sei daher zur Bil- 
dung einer parlamentarischen Partei notwendig. Die Quelle aller Uebel in 
Irland sei die Landfrage. Ob für die irische Rasse Selbstverwaltung ge- 
eignet wäre, scheine ihm zweifelhaft; wo die Irländer eine solche genößen, 
wie beispielsweise in Amerika, habe sich die ärgste Korruption eingeschlichen. 
Monat Oktober. (Affäre Sackville.) Die Zusendung der 
Pässe an den Gesandten in Washington, Lord Sackville (vgl. Verein. 
Staaten), erregt in Großbritannien das höchste Aufsehen. 
Als der amerikanische Gesandte in London, Phelps, namens seiner 
Regierung die Abberufung Sackvilles fordert, erklärt der Premierminister 
Lord Salisbury demgegenüber, daß er seitens des Gesandten Phelps eine 
Beibringung der Mitteilungen erwarte, die der Gesandte Sackville an die 
Vertreter der Zeitungen habe gelangen lassen und durch die der Senat und 
der Präsident sich beleidigt gefühlt haben, da hierin der Gauptgrund liege, 
aus welchem der Stuaatssekretär Bayard dem Gesandten Sackville die Pässe 
zugesandt habe. 
Anfang November. (Doppelwährung.) Die Währungs- 
Kommission empfiehlt in einem Schlußbericht ein Zusammengehen 
Amerikas, Englands und Deutschlands mit den Staaten der latei- 
nischen Münz-Konvention behufs Einführung der Doppelwährung. 
Auch die Vertreter Indiens und der britischen Kolonien würden 
zu einer Konferenz zuzuziehen sein. 
8. November. (Rede Salisburys.) Bei dem Lord-Mayors- 
Bankett bespricht Lord Salisbury die auswärtigen Verhältnisse 
Englands. 
Die Vorgänge an der ostafrikanischen Küste, erklärt er, seien weniger 
beachtenswert, als die in Suakim, obwohl auch diese nicht zu Befürchtungen 
Anlaß gäben. England habe seine Verpflichtungen gegenüber Aegypten noch 
nicht erfüllt, allein die Zeit werde kommen, wo sich Aegypten auf seine 
eigenen Kräfte verlassen könne und England nicht mehr gezwungen sein werde, 
dasselbe zu unterstützen. Da aber fortgesetzt von Fanatismus und von Skla- 
venhandel interessierte Elemente die Grenze bedrohen und die Wachsamkeit 
der Befehlshaber erfordern, so sei es klar, daß England die Pflicht zu er- 
füllen habe, für Aufrechterhaltung der Ordnung einzustehen und für die 
Sicherung der Grenze Sorge zu tragen. England selbst wünsche den Tag 
herbei, wo seine Verantwortlichkeit für Aegypten aufhöre. 
Am Schlusse seiner Rede hebt Lord Salisbury hervor, er sei über- 
zeugt, daß alle, welche in Europa mit der Regierung betraut seien, die Er- 
haltung des Friedens wünschten, er hoffe, daß dieselben dabei auch beharren 
würden. Ein europäischer Krieg müsse zur völligen Vernichtung derjenigen 
führen, welche geschlagen würden. Die einzige zu befürchtende Eventualität 
sei, daß Gefühlsausbrüche des schlecht unterrichteten Volks zur Nichtbeachtung 
der weisen Ratschläge der Regierenden hinreißen könnten. Eine weitere Quelle 
der Sorge sei die Notwendigkeit, die man jährlich aufs neue anerkannt sehe, 
die Rüstungen zu vermehren. Da die Rüstungen alljährlich sich steigerten 
und ganz ungeheuere Summen für Verteidigungszwecke ausgegeben würden, 
muß man fragen, wie das enden solle, es seien nicht weniger als etwa 12
	        
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