Franbreich. (April Ende-Mai Mitte.) 333
Schrei des durch eine solche Regierung ermüdeten und nach Befreiung trach-
tenden Frankreichs. Diese Bewegung ist eine natürliche und logische Folge
der Gewaltthaten und skandalösen Vorgänge, welche das öffentliche Gewissen
in Aufruhr brachten gegen den Mißbrauch der parlamentarischen Regierung
unter den Händen einer despotischen Partei und nichts ist gerechtfertigter,
als zugleich mit der Auflösung der diskreditierten Kammer die Revision einer
Verfassung zu verlangen, welche der Nation nicht mehr das Recht läßt, frei
über ihre Geschicke zu verfügen. Alle Konservativen müssen die Revision
fordern, aber nicht von zwieträchtig gespaltenen Versammlungen, in welchen
sie die Minorität sind, sondern vom Lande selbst, das legal zu befragen ist
in entscheidender Stunde. Die Lösung muß eine Monarchie sein, wie ich
sie definiert habe, deren Wiederherstellung ich alle meine Anstrengungen widme.
Nur eine solche dauerhafte Regierung kann ohne Beseitigung der öffentlichen
Freiheiten unserer arbeitsamen Demokratie die Sicherheit verschaffen, deren
sie bedarf, um die Staatsgewalt über Versammlungen und Parteien zu stellen.
Die republikanischen Blätter finden, daß die vom Grafen von
Paris geführte Sprache genau dieselbe sei, wie sie Boulanger führe.
Ende April. Der Präsident der Republik, Carnot, unter-
nimmt in Begleitung der Minister Lockroy und Deluns-Montaud
eine Inspektionsreise durch das Land.
1. Hälfte Mai. (Boulanger.) Die von Deroulede prä-
sidierte Patriotenliga veröffentlicht ein Manifest, welches Boulanger
als Chef und Fahnenträger der nationalen Partei anerkennt, welche
gegen den Parlamentarismus protestiert und für die Nation das
Recht zurückfordert, die Verfassungs-Revision zu diktieren.
Die erste Lieferung des Buches Boulangers: „Linvasion
allemande“ wird in 2½ Millionen Exemplaren gratis verteilt.
12. Mai. (Boulanger.) Bei einem Bankett in Lille hält
Boulanger eine Rede, in welcher er auf die Ohnmacht und die Un-
fähigkeit der Kammer hinweist und die gegen ihn gerichteten Vor-
würfe als eine Insurrektion der Kammer gegen die Wähler be-
zeichnet.
Die 500 Nichtsthuer in der Kammer müßten ein tiefes Bewußtsein
von ihrer Unpopularität haben, um sich wegen der geringsten Handlungen
eines entwaffneten Mannes, wie er es sei, Sorge zu machen. Seine Wahl
im Nord-Departement habe Frankreich aufgerüttelt. Die Worte „Auflösung
und Revision der Verfassung“ haben das Parlament gezwungen, aus seiner
Lethargie herauszutreten. Er werde das Werk der Reform mit Ruhe und
Stetigkeit weiterverfolgen, das aber sei nicht möglich bei einer Verfassung,
welche die Ministerien ganz und gar der Verfügung unmoralischer Koali-
tionen überantworte. Die Abgeordneten würden gewählt, um sich mit dem
Lande zu beschäftigen; statt dessen beschäftigten sie sich mit sich selbst; diese
Narrheit müsse aufhören; er verspreche, alles aufzubieten, um diesem Zustande
ein Ende zu machen. Das Land gehöre nur sich selbst. Es lebe Frankreich!
Es lebe die Republik!
Mitte Mai. (Die Großhändler und Fabrikanten von