Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierter Jahrgang. 1888. (29)

XIV. 
Rußland. 
Anfang Januar. (Panslawismus.) Der flawische Wohl- 
thätigkeitsverein ernennt in einer feierlichen Sitzung den Fürsten 
von Montenegro und den Bischof Stroßmayer von Diakovar in 
Kroatien zu Ehrenmitgliedern. 
Anfang Januar. (Verfolgung der Protestanten.) Der 
livländische Gouverneur Sinowjeff bringt beim Ministerkomitee einen 
Vorschlag ein, 
welcher dahin geht, dem Minister des Innern das Recht einzuräumen, 
von sih aus ohne irgendwelche Untersuchung jeden lutherischen Prediger, der 
im Verdacht steht, der Seelenfängerei der griechischen Popen entgegenzuwirken, 
abseten und verbannen zu können. Im Minister-Komitee erklärt sich gegen 
den Vorschlag nur ein Mitglied dieses Kollegiums, und so erfolgt die Ueber- 
weisung der Vorlage an den Reichsrat. Zuvor wurde noch in den Gesetz- 
entwun eine Bestimmung hineingebracht, wonach die geistlichen Behörden 
von jeder unter solchen Umständen stattfindenden Absetzung eines Pastors 
benachrichtigt werden sollen. 
Januar. (Ausweisungen.) Zahlreiche österreichische Staats- 
bürger, die jahrelang in Russisch-Polen ansässig waren, müssen zu- 
folge des russischen Ukas Warschau und andere Städte Kongreß- 
Polens verlassen. 
Januar. (Russische Rüstungen.) Das System der Truppen- 
verschiebungen nach den Grenzen hin dauert fort, ebenso die Rü- 
stungen. Ueber diese wird dem „Czas“ aus Warschau gemeldet: 
Eine Armee steht im Lubliner Gouvernement, eine zweite in Vol- 
hynien und der Ukraine. Der effektive Militärstand in Kongreßpolen wurde 
in jüngster Zeit vermehrt. Die vierte Kavallerie-Division aus Kischenew und 
eine Grenadier-Division aus Riga sollen nach Kongreßpolen kommen. Un- 
mittelbar vor Weihnachten wurden nach Rejowca (einer Station der Weichsel- 
bahn) 4000 Lazaretbetten befördert. Die Militär-Apotheke hat 80,000 Pfund 
Watte und die entsprechende Anzahl von Medikamenten erhalten. Die Am- 
 
	        
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