IX.
Schweiz.
1. Hälfte März. (Wahlen zum Großen Rat.) Am 3.
März finden im Kanton Tessin die Wahlen zum Großen Rat statt.
Dabei erhalten die Konservativen 75, die Liberalen 37 Sitze. Letztere
haben somit 10 Sitze gewonnen und zwei verloren.
Infolge der Wahlen kommt es in dem Kanton zu beträchtlichen
Ruhestörungen, so daß der Bundesrat sich gezwungen sieht, den Oberst Borel
als eidgenössischen Kommissar dorthin zu entsenden, um bewaffnete Ansamm-
lungen ev. mit Waffengewalt zu verhindern.
2. Hälfte März. (Bombenattentat.) In Zürich findet
ein Bombenattentat statt, das nach der politischen Richtung zweier
an dem Versuch Beteiligter auf anarchistischen Ursprung weist. Es
wird alsbald eine umfassende Untersuchung angestellt. — Bemer-
kenswert ist die Stellung, welche die „Baseler National-Zeitung“
aus Anlaß dieses Verbrechens gegenüber den schweizerische Gast-
freundschaft genießenden Anarchisten und Sozialdemokraten ein-
nimmt. In einem von der „Neuen Züricher Zeitung“ auszüglich
wiedergegebenen Artikel sagt sie:
„Wichtig ist es, daß die Untersuchung darüber Licht verbreite, ob
es sich hier in der That bloß um einen einzelnen Fall handelt, oder ob
Methode in diesem Wahnsinn ist. Sollte das letztere sich herausstellen, so
dürfte eine energische Säuberung unter denjenigen fremdländischen Schülern
der Anstalt am Platze sein, deren frühere oder gegenwärtige Beziehungen sie
der Genossenschaft im Komplotte verdächtig machen. Die Schweiz öffnet die
Thore ihrer polytechnischen Schule nur rechtschaffenen Bestrebungen. Es
kann unmöglich gestattet werden, daß die einzige Hochschule des Bundes zu
einem Laboratorium des Verbrechens werde.
Es ist kein Beweis von Feigheit und Knechtsseligkeit, wenn ein Volk
sich anschickt, seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen. Seine Pflicht
vernachlässigen, ist nicht ein Zeichen von Kraft, sondern ein Mangel an
Stolz; denn wahrhaft stolz ist nur der, der seine Pflicht thut voll und
Europ. Geschichtskalender. Bd. XXX. 17