Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (November 6.) 131 
den Zivilstaatsdienern, den Geistlichen und Lehrern, insbesondere den Volks- 
schullehrern die dringend gebotene Besserung ihrer ökonomischen Lage zu ge- 
währen. Durch die Bewilligung namhafter Beiträge zu den Kosten der 
Unterhaltung der Körperschaftsstraßen und der Landarmenverbände, durch 
die Bereitstellung vermehrter Mittel für Beiträge an Gemeinden zu den Ge- 
halten ihrer Schulstellen, sowie zu Kirchen-, Schul= und Pfarrhausbauten 
haben Sie zu der wünschenswerten finanziellen Entlastung der Gemeinden 
und Amtskörperschaften eine ersprießliche Mitwirkung geliehen. Reiche Ver- 
wendungen sind von Ihnen bewilligt für Zwecke der Justiz, der Kirchen 
und Schulen, zur Förderung gemeinnütziger Anstalten, zur Hebung der Land- 
wirtschaft, zur Pflege von Handel und Gewerbe, von Kunst und Wissenschaft. 
Dem Gebiete der Verkehrsaustalten ist Ihre umfassende Fürsorge gewidmet 
gewesen. Die weitere Entwicklung des Eisenbahnnetzes mittelst Herstellung 
von Bahnen vorwiegend lokaler Bedeutung hat einen erfreulichen Fortgang 
genommen. Zugleich haben Sie für Erweiterungen und Verbesserungen 
an den im Betriebe befindlichen Bahnen, sowie für die Vermehrung und 
Verbesserung des Fahrbetriebsmaterials erhebliche Beträge zur Verfügung 
gestellt und durch die Genehmigung vorbereitender Schritte zum Bau von 
Familienwohnungen für Unterbedienstete der Verkehrsanstalten in Stuttgart 
einer Ausdehnung der bestehenden Wohlfahrtseinrichtungen erwünschten Vor- 
schub geleistet. Unter den Gesetzgebungsarbeiten dieser Periode nimmt das 
Gesetz über die Verwaltung der Gemeinden, Stiftungen und Amtskörper- 
schaften die erste Stelle ein. Durch dasselbe hat die seit einer Reihe von 
Jahren schwebende Frage einer Reform auf dem Gebiete der Gemeinde= und 
Amtskörperschaftsverwaltung vornehmlich in Absicht auf die Weiterentwick- 
lung des Grundsatzes der Selbstverwaltung ihre Lösung gefunden unter 
gleichzeitiger Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse der größeren Städte. 
Im Zusammenhang hiemit ist durch das Gesetz über die Ortsschulbehörden 
die zufolge des Wegfalls der Kirchenkonvente notwendig gewordene Neubil- 
dung der Organe der örtlichen Schulaufsicht herbeigeführt. Die Einrichtung 
größerer Landarmenverbände und die hiedurch ermöglichte bessere Ausgleichung 
der Landarmenlasten erscheint geeignet, den in Beziehung auf das öffentliche 
Armenwesen hervorgetretenen Mißständen innerhalb des Rahmens der Landes- 
gesetzgebung wirksam zu begegnen. Der Steuergesetzgebung ist in mehrfachen 
Beziehungen eine Ergänzung und Verbesserung zuteil geworden. Die Straf- 
bestimmungen des Einkommensteuergesetzes sind in einer dem hervorgetretenen 
Bedürfnis entsprechenden Weise der Reichsstrafprozeßordnung angepaßt. Weiter 
sind zu erwähnen das Gesetz über die Kommunalbesteuerung des Hausier- 
gewerbebetriebes und das Gesetz über die Erhebung eines Zuschlags zur 
Hundeabgabe durch die Gemeinden. Das Ausführungsgesetz zu dem Reichs- 
gesetze über die Invaliditäts= und Altersversicherung hat durch Schaffung 
einer besonderen Ortsbehörde für die Arbeiterversicherung die Durchführung 
dieser Gesetzgebung wesentlich erleichtert. Auch in dem Gesetz über die Für- 
sorge für Beamte infolge von Betriebsunfällen und dem Gesetz über die Um- 
legung der Beiträge zu den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften ist 
ein weiterer Fortschritt auf dem sozialpolitischen Gebiete begründet. So ist 
unter Ihrer unermüdeten Mitwirkung eine Reihe wichtiger und bedeutungs- 
voller gesetzgeberischer Aufgaben gelöst. Für alles, was von Ihnen geleistet 
worden, habe ich Ihnen den warmen Dank Seiner Majestät des Königs 
auszudrücken. Im allerhöchsten Auftrage erkläre ich hiemit den Landtag für 
geschlossen." 
6. November. (Straßburg.) Bei den Wahlen von Mit- 
gliedern des Landesausschusses werden 24 Abgeordnete gewählt, 
                                                              9 *
	        
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