12 Das deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Jan. 24.— Febr. Anf.)
ist heute von dem Herrn Minister-Präsidenten rund heraus erklärt, daß die
Regierung nach der Richtung hin entgegenkommen wird, daß wir alle Kräfte
daran setzen werden, diese Materie — wie ich hoffe — mit der Generalsynode
im nächsten Herbst in Ordnung zu bringen und in dem nächsten Jahre
Ihnen einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Wir haben über den
ersten Gegenstand der Tagesordnung heute leichthin verhandelt, aber die,
welche die Geschichte des zuerst behandelten Gesetzes kennen, werden sich er-
innern, werden wissen, was in demselben enthalten ist. Mit dieser gesetz-
geberischen Maßregel und mit der Erklärung des Herrn Minister-Präsidenten
vom 24. Januar fängt meines Erachtens eine neue Periode für die evan-
gelische Kirche an, und das ist der verklärende Lichtstreif, der auf meine
Thätigkeit fällt.
Nachdem Graf Limburg im Namen eines Teiles der Konser-
vativen die Bereitwilligkeit erklärt hat, über die Vorlage zu ver-
handeln, während andere Redner (Stöcker, v. Zedlitz) sie völlig ab-
lehnen, wird sie an eine Kommission verwiesen.
24. Januar. (Reichstag.) Die Abgg. Auer und Gen. (sozial-
demokratische Partei) bringen im Reichstage den Antrag ein: Die
verbündeten Regierungen zu ersuchen, alsbald dem Reichstage einen
Gesetzentwurf vorzulegen, durch den die Uebernahme der Ver-
waltung und des Eigentums des Apothekenwesens durch
das Reich herbeigeführt wird. Dem Antrage sind folgende Motive
beigegeben:
„Der Uebergang des Apothekenwesens in Reichsverwaltung und Reichs-
eigentum ist die notwendige Konsequenz der Gesetze über Kranken-, Unfall-
und Invaliditätsversicherung.
Das Reich soll mit der Verwaltung und Besitznahme des Apotheken-
wesens kein fiskalisches Interesse verfolgen, sondern die Medikamente zum
Selbstkostenpreise verabreichen."
30. Januar. (Stuttgart.) Die Abgeordnetenkammer nimmt
mit 70 gegen 13 Stimmen die Verwaltungsreformvorlage
an, durch welche die Lebenslänglichkeit der Ortsvorsteher beibehalten,
aber deren Absetzbarkeit durch Schaffung eines Disziplinarhofs für
Beamte von Kördperschaften erleichtert wird.
31. Januar. Eine Einladung mit 1300 Unterschriften aus
allen Teilen Deutschlands fordert auf, dem „Volksverein für
das katholische Deutschland“ beizutreten. Der Zweck des Ver-
eins ist, die Irrtümer und Umsturzbestrebungen auf sozialem Ge-
biet zu bekämpfen.
31. Januar. Im Hinterlande von Kamerun findet ein Ge-
fecht statt zwischen den Europäern (Forschungs= und Handelsexpe-
dition unter Zintgraff) vereint mit 5000 Balis und feindlichen
Stämmen. Die Europäer müssen sich zurückziehen.
Anf. Februar. Die „Berliner Politischen Nachrichten“ ver-