204 Bie Gesterreichisch-Augarische Monarhie. (Oktober 26.)
der Sitzung stellt der Präsident fest, daß ein Abgeordneter während
der letzten Sitzung versucht habe, auf den Stimmzetteln, welche für
eine vorzunehmende Ersatzwahl in einen Ausschuß verteilt waren,
den Namen eines Kandidaten zu streichen und durch einen anderen
zu ersetzen. Unter anderem seien vier Stimmzettel Abwesender ge-
ändert worden. (Entrüstungsrufe.) Der betreffende Abgeordnete
sei vor das Präsidium gerufen und ihm die völlige Unzulässigkeit
eines solchen Vorganges auf das entschiedenste vorgehalten worden.
Ein weiteres Einschreiten des Präsidiums sei unthunlich, da die
Geschäftsordnung für einen derartigen Vorgang, der unmöglich
habe vorausgesehen werden können (lebhafte Zustimmung) und seit
dem Bestande des Parlamentarismus in Oesterreich nicht vorge-
kommen sei, keine Bestimmung enthalte. Er müsse über den Vor-
gang, der sich eigentlich von selbst richte (Zustimmung), seine ganz
entschiedene Mißbilligung aussprechen und daran sein lebhaftes
Bedauern knüpfen, daß die Geschäftsordnung leider keine Handhabe
biete, jene Zensur zu verfügen, die eine solche Unzukömmlichkeit
erheischen würde. (Lebhafter Beifall, Händeklatschen.)
Der Abgeordnete Schneider erklärt, er habe nur solche Stimm-
zettel geändert, deren Inhaber dies gestatteten. Den vier vom
Präsidenten erwähnten abwesenden Abgeordneten habe er die von
ihm vorgenommene Aenderung rechtzeitig mitteilen wollen und die
Diener angewiesen, diese Stimmzettel nicht einzusammeln. Im
ganzen habe er acht bis zehn Stimmzettel geändert. Stimmzettel
seien keine amtlichen Urkunden. Er bedauere, durch die Berufung
zum Präsidenten gehindert worden zu sein, weiter zu agitieren,
damit sein Kandidat die ihm noch fehlenden sechs Stimmen erhalte.
(Der Präsident ruft den Abgeordneten Schneider zur Ordnung.)
Er (Schneider) halte das Parlament für keine Volksvertretung,
sondern für eine Kliquenvertretung. (Lang anhaltende Unruhe,
Entrüstungsrufe.) Der Abgeordnete Graf Hohenwart bezeichnete die
Behauptung, daß die betreffenden Abgeordneten mit der Aenderung
ihrer Stimmzettel einverstanden gewesen seien, als unwahr. (Leb-
hafter Beifall, Händeklatschen.) Die Abgeordneten Schlesinger und
Gusmann verteidigen den Abgeordneten Schneider unter heftigen
Angriffen gegen die Presse, das Klubunwesen und den herrschenden
Wahlmodus.
26. Oktober. (Wien.) Konstituierung des tschechischen Zen-
tralvereins Wiens. Ein Obmann erklärt, man dürfe nicht eher