Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Die Oefterreichisch-Angarische Manarthie. (November 1. -11.) 205 
ruhen, bis die 200,000 Wiener Tschechen der Nation zurückgegeben 
seien. Die Wiener Tschechen sollten der Regierung Opposition bis 
aufs Messer machen. 
1. November. (Pest.) Der Benediktiner-Ergabt Vaspary 
wird an Stelle des am 23. Januar verstorbenen Kardinal Simor 
zum Fürstprimas von Ungarn ernannt. 
Anfang November. Der Besuch des Königs von Rumänien 
in Wien wird aufgegeben wegen dringender innerer Angelegenheiten 
Rumäniens. 
Anfang November. (Prag.) Die Tschechen setzen den Be- 
schluß durch, die Straßen Prags bloß mit tschechischen Tafeln zu 
versehen. 
11. November. (Wien.) Der Kaiser Franz Joseph empfängt 
die Mitglieder der ungarischen Delegation. Die Rede, mit welcher 
der Kaiser die Ansprache des Delegations-Präsidenten beantwortet, 
lautet in den Hauptsätzen, wie folgt: 
„Mit Befriedigung kann Ich es aussprechen, daß wir mit allen 
Mächten in durchaus freundlichen Beziehungen stehen. In vollem Einklange 
mit unseren Verbündeten erblicke Ich in der Erhaltung des europäischen 
Friedens die sicherste Gewähr für das Glück und das Gedeihen der Völker. 
Meine Regierung verliert dieses Ziel nicht aus dem Auge, und es kommen 
uns auch von allen Kabinetten Versicherungen gleich friedlicher Bestrebungen 
zu. Zwar hat dies bisher noch nicht dazu geführt, die Gefahren der poli- 
tischen Lage Europas zu beseitigen oder die allgemeinen militärischen Rü- 
stungen zum Stillstande zu bringen, da aber das Friedensbedürfnis sich so 
allgemein und einmütig bekundet, so erscheint die Hoffnung auf eine endliche 
Erreichung jenes Zieles nicht ausgeschlossen. Möge es Mir beschieden sein, 
Meinen Bölkern die frohe Botschaft verkünden zu können, daß die gegen- 
wärtigen Sorgen und Lasten des bedrohten Friedens ihr Ende erreicht haben. 
Die Ihnen zur verfassungsmäßigen Behandlung zugehenden Vorlagen 
geben Zeugnis davon, daß Meine Regierungen mit größter Gewissenhaftig- 
keit die finanzielle Lage der Monarchie in Betracht gezogen und im Vor- 
anschlage für das stehende Heer und die Marine sich für das nächste Jahr 
auf die unaufschiebbaren und dringendsten Bedürfnisse beschränkt haben, wobei 
sehr wichtige Anforderungen der Heeresleitung vertagt werden mußten. In 
Bosnien und der Herzegowina zeigt sich in allen Zweigen des wirtschaft- 
lichen Lebens eine stetig fortschreitende Entwickelung. Die eigenen Einnahmen 
dieser Länder werden somit auch im nächsten Jahre zur Deckung der Ver- 
waltungskosten vollkommen ausreichen. Ich bin überzeugt, daß Sie Ihrer 
Aufgabe Ihre volle Einsicht und Hingebung entgegenbringen und wünsche 
Ihrer Thätigkeit einen gedeihlichen Erfolg und heiße Sie von Herzen will- 
kommen!"“ 
11. November. (Wien.) Vom Cerkle, den der Kaiser Franz 
Joseph nach dem offiziellen Empfang der Delegationen abhält, wer- 
den folgende Aeußerungen bekannt: Dem Delegierten Demmel, der 
bemerkt, daß nach der vernommenen kaiserlichen Ansprache eine
	        
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