Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Siebenter Jahrgang. 1891. (32)

Rußland. (August 2.—5.) 275 
Z „Die Anwesenheit des glänzenden französischen Geschwaders, welches 
in diesem Augenblicke vor Kronstadt ankert, ist ein neues Zeichen für die 
tiefen Sympathien, welche Frankreich und Rußland vereinen. Ich schätze 
mich glücklich, Ihnen meine lebhafte Genugthuung darüber auszudrücken 
und Ihnen für die aufrichtige Freude zu danken, die Ich beim Empfang 
der tapferen französischen Seeleute empfinde."“ 
Präfident Carnot antwortete: 
„Ich bin tief gerührt durch die Empfindungen, welche Ew. Majestät 
aus Anlaß der Anwesenheit unseres Geschwaders mir auszudrücken geruht 
haben. Unsere tapferen Seeleute werden den herzlichen Empfang nicht ver- 
gessen, dessen Gegenstand sie gewesen sind. Ich danke Ew. Moajestät für 
diesen Empfang und fühle mich glücklich, in demselben ein beredtes Zeugnis 
für die tiefen Sympathien erblicken zu dürfen, welche Rußland und Frank- 
reich vereinen.“ 
Bald entstehen jedoch Zweifel, ob der Wortlaut des Tele- 
gramms des Zaren gewesen sei „Ia France et la Russie“ oder „à 
la Russie“, welches letztere eine Gegenseitigkeit der Sympathien nicht 
einschließen würde. 
2. August. (Petersburg.) Ankunft des Königs Alexander 
von Serbien mit dem Regenten Ristitsch. 
4. August. Der Kaiser verleiht dem französischen Botschafter 
in St. Petersburg Laboulaye, den Alexander Newsky-Orden. 
5. August. (Moskau.) Admiral Gervais und seine Offiziere 
werden feierlich empfangen. Gervais hebt in seiner Antwort auf 
die Willkommensansprache des Bürgermeisters hervor, er betrachte 
die Ehrenbezeugungen nicht als an seine Person, sondern an Frank- 
reich gerichtet. Diese Worte werden von den Anwesenden mit dem 
Rufe: „Es lebe Frankreich! Es lebe Rußland!“ erwidert. Die 
Stadt ist illuminiert. 
Bei dem Diner zu Ehren der franzöfischen Offiziere schließt 
Admiral Gervais seinen Toast: „Auf Sie und uns ist jetzt die 
Aufmerksamkeit der ganzen Welt gerichtet. Ich trinke auf das 
heilige Moskau, das erhabene russische Volk und seinen Zaren.“ 
General Tschernajew erwiderte: „Die Geschichte näherte uns ein- 
ander; wir sind Freunde. Ich trinke auf Frankreich, seine Armee 
und seine Flotte.“ Gervais antwortete nochmals: „Durch das Un- 
glück belehrt, sammle Frankreich seine Kräfte, jedoch stark durch 
Einigkeit und die Freundschaft eines großen Monarchen blicke es 
zuversichtlich in die Zukunft.“ General Tschernajew spricht noch 
Folgendes aus: „Ruft man bei Ihnen: Bürger, zu den Waffenl, 
so geschieht es auch bei uns. Wir werden unsere Bataillone von der 
Weichsel bis zur Kamschatka formieren. Ich trinke auf das ritter- 
liche Volk! Es lebe Paris, die Hauptstadt der zivilisierten Welt!“ 
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