Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Zwölfter Jahrgang. 1896. (37)

Italien. 
Nieder- 
lage bei 
Adua. 
328 Aehersict der pelitischen Eutwichelnus des Jahres 1895. 
der Kammer eine Interpellation hierüber einbrachten, da Hanotaux 
eine Beantwortung ablehnte (S. 229). Um die Jahreswende regte 
sich hier und da einige Opposition gegen die allgemeine Anschauung; 
das enge Zusammengehen Frankreichs mit Rußland in der türkischen 
Frage, das jede energische Maßregel zum Schutze der Christen hindere, 
sei weder Frankreichs würdig noch seinen Interessen nützlich, sondern 
allein vorteilhaft für Rußland; umgekehrt erhalte Frankreich in 
der ihm so wichtigen egyptischen Angelegenheit von seinem Alliierten 
nur laue Unterstützung (Lavisse in der „Revue de Paris“, Clemenceau 
in der „Justice"). 
In Italien war die innere und die äußere Politik beherrscht 
durch die Niederlage auf dem Gebiete der Kolonialpolitik. Bereits 
zu Ende des Jahres 1895 waren trübe Nachrichten eingelaufen, die 
Vernichtung des Majors Toselli und die Einschließung des Majors 
Galliano in Makalle durch eine ungeheure abessynische übermacht. 
Es war unmöglich, die Belagerten mit Gewalt zu befreien, man 
mußte froh sein, daß sie, als ihnen Proviant und Munition aus- 
ging, vom Feinde freien Abzug erhielten. Wie behauptet wird, 
hat der Negus Menelik den freien Abzug in arglistiger Absicht ge- 
währt; er gab die tapfere Schar nicht sogleich frei, sondern behielt 
sie in seiner Gewalt, bis er eine feste Stellung bei Adua in Tigre 
bezogen hatte, um sie gewissermaßen als Geiseln gegen einen An- 
griff Baratieris auf seine Marschkolonnen zu verwenden. Im Fe- 
bruar verschlimmerte sich die Lage der Italiener fortwährend: sie 
standen in Tigre, einer erst vor kurzem unterworfenen Landschaft, 
inmitten einer feindlichen Bevölkerung; vor sich hatten sie das weit 
überlegene Heer der Abessynier, in der rechten Flanke wurden sie 
durch die Derwische, die Kassala anzugreifen drohten, beunruhigt. 
Eine Expedition über Zeila nach Harrar, die die Abessynier im 
Zentrum ihrer Macht angreifen sollte, wurde unmöglich, da Eng- 
land, bevor es die Erlaubnis zum Durchmarsch durch sein Gebiet 
gab, genaue Mitteilungen über Italiens Absichten forderte, die 
nicht gegeben werden konnten. Die Schwierigkeiten der Verpflegung 
machten allmählich den Rückzug der Italiener notwendig. Dem 
Rückzuge sollte jedoch ein Angriff auf die feindliche Stellung vor- 
hergehen, um, wie Baratieri später ausführte, die Truppen nicht
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.