70 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (März 21.)
der Aufenthalt in Schankstätten verboten werde; 2. die Kommunen bei
gleichzeitiger Gewährung eines Zuschusses aus Staatsmitteln dazu ange-
halten werden, Aeltesten-Kollegien zu errichten, welche im Verein mit den
Ortsgeistlichen beider christlichen Konfessionen Einrichtungen treffen, um
den genannten jungen Leuten es zu ermöglichen, an Sonn- und Festtagen
in angemessener Weise eine erfrischende und veredelnde Unterhaltung zu
erlangen, 3. der Inhalt der Nummern 2 und 3 im § 119a des Reichs-
gesetzes vom 1. Juni 1891 betr. Abänderung der Gewerbeordnung (Lohn-
zahlung an Minderjährige betr.), auch auf die Gesindeordnung ausgedehnt
werde, 4. schleunige Bestimmungen erlassen werden, wonach a) junge Leute
unter 18 Jahren nicht ohne ausdrückliche Genehmigung derjenigen, unter
deren väterlicher oder vormundschaftlicher Gewalt sie stehen, aus ihrem
Heimatsort allein fortziehen dürfen, b) die Gemeinde zur Abweisung eines
Neuanziehenden dann befugt ist, wenn derselbe nicht den Nachweis einer
den sittlichen und hygienischen Anforderungen entsprechenden Wohnung
erbringt. Hierbei ist das Schlafstellen-Unwesen zu beschränken.
21. März. (Reichstag.) Etat des Auswärtigen Amtes.
Bülow über Cecil Rhodes.
Abg. Richter (fr. Vp.) fragt, welchen Inhalt die Beratungen
mehrerer Regierungsvertreter mit Cecil Rhodes gehabt hätten. Er warnt
deutsches Geld für den Bau afrikanischer Zentralbahnen aufzuwenden.
Staatssekretär v. Bülow: Ueber die Unterhandlungen, welche in den letzten
Tagen hier geführt worden sind zwischen den diesseits beteiligten Ressorts
und Herrn Cecil Rhodes kann ich schon heute und mit Rücksicht darauf,
daß es sich um schwebende Unterhandlungen handelt, nicht alle Einzelheiten
mitteilen, möchte jedoch dasjenige sagen, was sich ohne Schädigung der
Sache sagen läßt. Was die Legung eines Telegraphen durch unser ost-
afrikanisches Schutzgebiet in der Richtung von Süden nach Norden und im
Anschluß an die schon bestehende südafrikanische Linie angeht, so ist hier-
über zwischen der transafrikanischen Telegraphengesellschaft und uns ein
Abkommen getroffen worden. Das Inkrafttreten und die Veröffentlichung
dieses Abkommens hängen ab von dem ferneren Gange anderweitiger Ver-
handlungen. Ich kann aber schon jetzt sagen, daß in diesem Abkommen
unsere Hoheitsrechte und unsere Interessen in jeder Richtung gewahrt
worden sind. Die transafrikanische Telegraphengesellschaft erhält durch
dieses Akommen die Erlaubnis, die in Rede stehende Linie auf ihre Kosten
durch deutsches Gebiet zu legen. Der Bau muß binnen spätestens fünf
Jahren beendet sein. Die Angestellten und Arbeiter der Gesellschaft sind
während ihres Aufenthaltes in Deutsch-Ostafrika den deutschen Gesetzen
unterworfen und haben den Anordnungen des deutschen Gouverneurs Folge
zu leisten. Die Gesellschaft ist verpflichtet, außer den für ihre Zwecke er-
forderlichen Durchgangsdrähten einen weiteren Draht zwischen den beiden
der deutschen Grenze am nächsten gelegenen Stationen von Rhodesia einer-
seits und Britisch-Ostafrika andererseits auf ihre Kosten anzubringen, welcher
Draht für den Telegraphenverkehr von Deutsch-Ostafrika bestimmt ist und
Eigentum der deutschen Regierung wird. Die Unterhaltungskosten für diesen
letzteren Draht übernimmt die deutsche Regierung, die auch befugt ist, zu
dem gleichen Zweck noch weitere Drähte auf ihre Kosten anzubringen. Im
übrigen erfolgt die Unterhaltung der Telegraphenlinie von der deutschen
Regierung auf Kosten der Gesellschaft. Die deutsche Regierung behält sich
das ausschließliche Recht vor, Telegraphenstationen in Deutsch-Ostafrika zu
errichten und zu betreiben. Nach Ablauf von 40 Jahren kann die deutsche
Regierung die Linie unentgeltlich übernehmen. Ueber die Durchführung