276 Das Penisqe Reith und seine einzelnen Glieder. (Juni 28.)
wir nicht eine starke und gesunde und gute Armee gehabt hätten. Das
Volk weiß, daß mit unserer Wehrmacht, mit unserer Wehrstärke Wohlstand
und Macht Deutschlands stehen und fallen. Das Volk erkennt in der Ehre
der Armee seine eigene Ehre. (Lebhafter Beifall. — Zurufe von den Sd.)
Aus diesem Gedanken heraus ist die Armeevorlage geboren und ist die Zu-
stimmung geboren, die die große Mehrheit dieses Reichstages der Wehr-
vorlage zollen will. Sie haben in langer und ausopfernder Arbeit geprüft,
ob es notwendig ist, was wir Ihnen vorschlagen: große Forderungen,
Forderungen so groß, wie sie noch nicht dagewesen sind. Sie stehen in.
dieser Stunde davor, das Ergebnis dieser Prüfungen zu ziehen. Ich bin
fest davon überzeugt, daß dieses Ergebnis ein Beschluß sein wird, den
Ihnen das ganze Vaterland danken wird. (Lebhafter Beifall bei den
bürgerlichen Parteien; Zischen b. d. Sd.)
Es folgt die Spezialdiskussion des Art. 1 (Erhöhung der Friedens-
präsenzstärke) mit den dazu gestellten Anträgen der Konservativen und
Nationalliberalen. Abg. Bassermann (Nl.): Ueber den Antrag auf Wieder-
herstellung der Militärvorlage bezüglich der geforderten Kavallerie-
regimenter wollen meine Freunde bei der Wichtigkeit der Frage eine
nochmalige Entscheidung herbeiführen. Wenn der Abg. Scheidemann hier
so auftritt, als ob die sozialdemokratische Partei gewissermaßen allein das
deutsche Volk vertrete, so muß ich dem doch energisch entgegentreten. Wir
sind stolz darauf, daß hinter der Wehrvorlage ein großer Teil des deutschen
Volkes steht. In der Diskussion über unsern Antrag ist verschiedentlich,
namentlich auch von sozialdemokratischer Seite, behauptet worden, daß der
Aufklärungsdienst der Kavallerie durch die Entwicklung der Luftschiffahrt
an Bedeutung verloren hätte. Demgegenüber weise ich auf eine Rede des
Grafen Zeppelin hin, der sich sehr warm für die Verstärkung der Kavallerie
ausgesprochen hat. Die Feuerkraft der Kavallerie ist in steigendem Maße
gewachsen. Interessant sind die Ausführungen des Obersten Veit, der als
Kommandeur einer größeren Kavallerieabteilung auf seiten der Türken den
Balkankrieg mitgemacht hat, über die Bedeutung der Kavallerie im ent-
scheidenden Moment. Aus diesen Ausführungen geht ohne weiteres hervor,
daß größere Kavalleriemassen im entscheidenden Moment zur Verfolgung des
Feindes nach einem siegreichen Gefecht unbedingt notwendig sind. Wenn Sie
Vergleiche ziehen zwischen der Kavallerie Rußlands und Frankreichs einerseits
und derjenigen Deutschlands und Oesterreichs, dann werden Sie unseren An-
trag als berechtigt anerkennen. Ich bitte deshalb, dem Antrage zuzustimmen.
Abg. Gans Edler Herr zu Putlitz (Dk.): Die Rede des Abg.
Scheidemann hat wieder einmal gezeigt, wie die Sozialdemokratie die Ver-
tretung des deutschen Volkes allein für sich in Anspruch nimmt. Wenn
der Abg. Scheidemann wirklich für das Volk bei der Heeresvorlage sorgen
will, dann soll er doch die von uns beantragte Wiederherstellung der sechs
Kavallerieregimenter mitmachen. Nicht für die Pferdezüchter beantragen
wir die Wiederherstellung der Militärvorlage, sondern für die Sicherheit
unserer Grenzprovinzen. Die Provinzen Westpreußen, Ostpreußen und
Schlesien bedürfen dringend eines erhöhten Grenzschutzes. Wie der Vor-
redner angedeutet hat, ist auch die Kavallerie von größter Bedeutung für
den Aufklärungsdienst. Da meine Partei die Bedeutung der Sache voll er-
kannt hat, haben wir über die Vorlage noch zwei weitere Regimenter verlangt.
Wir machen an dieser Stelle noch einmal auf die wesentliche Bedeutung
dieser Frage aufmerksam, weil wir glauben, daß die gefährdeten Grenzprovinzen
es nicht verstehen würden, wenn unser Antrag abgelehnt werden würde.
Kriegsminister v. Heeringen: Ich will Ihnen nicht alle die Gründe
nochmals vorführen, die für die Regierung maßgebend gewesen sind, in