52 Das Deutsche Reich und seine einzelnen Glieder. (Februar 6.
trägt die Maximalziffer 377 und in den Bezirksämtern Parsberg und
Stadtamhof steigt sie sogar auf 400 und 401. Wieviel Familienelend bergen
diese Zahlen! Mit bioßen Worten und Blumentagen, meine Herren, schafft
man sie wahrhaftig nicht aus der Welt. Wenn Sie befürchten, daß eine
Entvölkerung eintritt, dann bitte sorgen Sie dafür, daß Mutterschutz und
Säuglingsschutz bei uns in Deutschland eingeführt wird. — Die Resolution
Albrecht und Genossen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, zur Be-
kämpfung und Erforschung der Säuglingssterblichkeit eine Reichsanstalt zu
gründen, wird abgelehnt. Die Resolution Mumm (W. V.) und Genossen,
die verbündeten Regierungen zu ersuchen, im nächsten Etat größere Mittel zur
Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit und zur Förderung des Hebammen-
wesens anzufordern, wird angenommen.
Abg. Graf v. Westarp (K.): Am 23. März 1912 hat der Reichstag
eine Resolution beschlossen: Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem
Reichstag baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, welcher eine erfolgreiche
Bekämpfung der Tuberkulose derart sicherstellt, daß auch die bislang
noch nicht von der Fürsorge erfaßten Kinder der Bevölkerung dieser teil-
haftig gemacht werden können, insbesondere A. durch Bereitstellung weiterer
Geldmittel, B. durch gesetzliche Maßregeln, welche die Desinfektion ver-
seuchter Wohnungen sicherstellen. Wir haben uns erlaubt, eine Resolution
vorzuschlagen, in der gebeten wird, im nächsten Jahre den Titel um 50000
Mark (auf 150000 Mark) zu erhöhen. Wir haben gemeint, daß dieser Betrag
jener neuen Sektion zufließen solle, die sich die Tuberkulosebekämpfung in
den Kreisen des von der sozialen Fürsorge bisher nicht betroffenen Mittel-
standes zur Aufgabe machen will. — Die Resolution wird angenommen.
6. Februgar. (Bayern.) An Stelle des zum General-
obersten beförderten Prinzen Rupprecht, der als Nachfolger
des Prinzen Leopold die 4. Armee-Inspektion übernimmt, tritt
Generalleutnant Ritter v. Kylander, bisher Kommandeurder 6. Division
in Regensburg, an die Spitze des 1. bayerischen Armeekorps.
6. Februar. (Elsaß-Lothringen.) Militärangelegenheiten
vor der reichsländischen Kammer.
In der Zweiten Kammer wurde eine Interpellation des Abgeordneten
Drumm über verschiedene Zwischenfälle zwischen Militär- und Zivil-
bevölkerung verhandelt. Mehrere Redner schilderten eine Reihe angeb-
licher Uebergriffe des Militärs und forderten die Regierung auf, sich nicht
von der Militärverwaltung bevormunden zu lassen. Die Interpellation
wurde von mehreren Abgeordneten des Zentrums und der Sozialdemokratie
unterstützt. Unterstaatssekretär Mandel erklärte, die Angelegenheit gehöre
vor den Reichstag. Die Regierung lasse sich nicht von der Militärverwaltung
bevormunden, sie wolle aber auch die Militärverwaltung nicht bevormunden.
6. Februar. (Reichstag.) Die Petitionskommission des Reichs-
tags beschließt nach langer Debatte in Gegenwart eines Vertreters
der Regierung, über die Petition wegen Abänderung des § 29 des
Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der Literatur und Ton-
kunst (Parsifalschutz) zur Tagesordnung überzugehen. (Siehe 4. Febr.)
6. Februar. Aus der dem Reichstage vorgelegten Denkschrift über
die Entwickelung der Schutzgebiete in Afrika und der Südsee 1911 12