Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Neunundzwanzigster Jahrgang. 1913. (54)

Bes Veuische Neich und seine einieluen Glieder. (Februar 6.) 53 
Das Brrichtsjahr (April 1911 bis April 19125 war für alle Schutz- 
gebiete eine Zeit friedlicher Entwicklung. Auf friedlichem Wege wurde 
unser Kolonialbesitz durch die Erwerbung eines Teils der Nachbarkolonie 
Französisch-Kongo unter Abtretung eines Grenzstreifens von Kamerun wesent- 
lich ausgedehnt. Vereinzelte Unruhen unter der eingeborenen Bevölkerung 
in Kamerun, im Nordwesten von Deutsch-Ostafrika und in den noch nicht 
unter Verwaltung genommenen Teilen von Deutsch-Neuguinea wurden rasch 
und ohne Schwierigkeit unterdrückt. Die weiße Bevölkerung in sämt- 
lichen Schutzgebieten ist von 21600 am 1. Januar 1911 auf 23300 am 
1. Januar 1912 gestiegen, hauptsächlich infolge der Vermehrung der Weißen 
in Deutsch-Südwestafrika und in Deutsch-Opeafil. Von der farbigen 
Bevölkerung der Schutzgebiete kann schätzungsweise angenommen werden, 
daß sie im ganzen eine Zunahme erfahren hat, wofür unser volkreichstes 
Schutgebiet, Deutsch-Ostafrika, ausschlaggebend ist. In Samoa und in 
Deutsch-Neuguinea haben sich die Chinesen beträchtlich vermehrt. Die 
Kapitalinvestierung erfuhr einen Rückschlag gegenüber dem Vorjahr. 
Die an den Diamantenwerten erlittenen Verluste schrecken die Kapitalisten 
ab. Unsolide Gründungen und die Schwierigkeiten einiger Gesellschaften 
wirkten weiter auf die Zurückhaltung der Kapitalisten ein. Diese Zurück- 
haltung machte sich zunächst uach im Börsenverkehr mit Kolonialgihieren 
verstimmend bemerkbar. Die Kurse der Diamantenwerte gingen andau 
Weiterhin war aber ein Wachsen des mirreshes für Werte belder 
gue zu beobachten. So fanden die Werte einiger 
dseeunternehmungen gesteigerte Aufnahme zu anziehenden Kursen. Wenn 
ör Umsatz in kolonialen Wertpapieren trotzdem im ganzen zurückgegangen 
ist, so ist dies auch darauf zurückzuführen, daß die gewerbsmäßige Spe- 
kulation sich seit der großen Kassse n Viamantenwerten sehr zurückgezogen 
hat. Dafür hat sich erfreulicherweise der Kreis solider Reflektanten ver- 
größert, der gute Kolonialwerte zu dauerndem Besitz erwirbt. Insofern ist 
eine Konsolidierung des Marktes für koloniale Wertpapiere festzustellen, 
die sich in einem recht widerstandsfähigen Kursstand für gute Kolonial- 
unternehmungen zeigt. So ist es auch zu erklären, daß die kolonialen 
Wertpapiere in der für die Börse so Kieshen Zeit des laufenden Jahres 
sich verhältnismäßig gut gehalten haben. Die Verwaltung verfolgt diesen 
  
Sanierungsprozeß des Börsenverkehrs in kolonialen Werten mit regem 
ntereise, unterstützt, soweit es in ihrer Macht ist, die Bekämpfung von 
unsoliden kolonialen Gründungen und fördert solide Unternehmungen- Hat 
sich die Landwirtschaft der Eingeborenen im wesentlichen in den über- 
kommenen Grenzen gehalten, so ist bei der europäischen Plantagen- 
wirtschaft vielfach ein re Fortschritt iur verzeichnen. In Deutsch--Ost- 
afrika ist besonders die günstige Entwicklung der Kautschukpflanzungen 
bemerkenswert, während die Baumwollplantagen noch ungünstige Ergebnisse 
hatten. Es dürste dies in der Hauptsache auf die Wahl ungeeigneter Böden 
und Sorten zurückzuführen und deshalb für die Zukunft ein besseres Er. 
ebnis zu erwarten sein. Auch die Kaffeeproduktion in Deutsch--Ostafrika 
at große Schwierigkeiten überwinden müssen, bevor sie sich, wie dies im 
Berichtsjahre der Fal war, günstiger zu entwickeln begann. Die Farm 
wirtschaft in Deutsch- Sübwestefrül, die im Jahre 1911 durch Trockenheit 
ünstig beeinstußt war, hat sich im Laufe des Jahres 1912 von dieser 
Echedigu#g erholt. Der in der Handelsstatistik erfaßte auswärtige Handel 
der Schußgebiete ist von 229 Millionen Mark im saendre 1910 auf 
Millionen Mark im Jahre 1911 gestiegen. Die Einfuhr stieg von 126 
auf 142 Millionen Mark, während die Ausfuhr von 101 auf 93 Millionen 
Mark fiel. Der Rackgang der Ausfuhr ist vollständig durch die Minderung 
  
  
  
 
	        
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