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jetzt geschulte Beamte mit Kenntnis und Verständnis für die sozialpolitischen
Aufgaben, und die einzelstaatlichen Behörden sind unablässig bemüht, ihr
Personal nach dieser Richtung zu vervollkommnen. Es ist falsch, die Tätig-
keit eines Reichsbeamten zu messen nach der Zahl der von ihm betriebenen
Gesetze und Berordnungen. Meine Kommissare werden im Laufe der
Debatte auf die angeregten Einzelfragen noch zurückzukommen Gelegenheit
haben. Wert und Bedeutung unserer sozialpolitischen Gesetzgebung sind zu
Unrecht herabgesetzt worden. Die im vorigen Jahre in dieser Richtun
gewünschte Denkschrift ist in Ausarbeitung begriffen. Diejenigen, die nch
dafür interessieren, möchte ich noch auf die bezügliche Schrift des Prä-
sidenten des Reichsversicherungsamts Dr. Kaufmann verweisen. Die sozial-
politischen Probleme, die uns weiter zu beschäftigen haben, liegen auf dem
Gebiete des Koalitionsrechtes. Diese Probleme beeinflussen nicht nur den
Arbeitsmarkt, sie haben tatsächlich die Grundlagen verschoben, auf denen
sich unsere Volkswirtschaft bisher wissenschaftlich und praktisch aufgebaut
hat. Es greift hier hinein die Syndikatsgesetzgebung, das Submissions-
wesen, die Erörterung über das Kalisyndikat und die Verstaatlichung des
Kohlenbergbaues, das Verlangen, durch Verstaatlichung einen Einfluß auf
die Kohlenpreisgestaltung zu gewinnen. Das freie Spiel der Kräfte ist
weder der Theorie noch der Praxis nach wirksam in der jetzigen Gestaltung
unseres Wirtschaftslebens. An seine Stelle ist der bewußte Wille der Organi-
sation getreten. Bis in das Beamtenrecht, bis in das Recht der Staats-
arbeiter schlägt dieses Problem seine Wellen. Soweit diese Fragen außer-
balb des Gebiets des Arbeiterrechts liegen, werde ich darauf heute nicht
eingehen; ich gehe nur ein auf die Frage des Koalitionsrechts der Arbeiter.
Die Auffassung der verbündeten Regierungen, wie sie sich nach der ge-
samten Entwicklung darstellt, habe ich etwa vor Jahresfrist hier erörtert.
Der von mir dargelegte Rechtsstandpunkt ist von niemand widerlegt worden,
ich habe daran nichts abzuändern. Ich habe nicht die Absicht, auf die
Frage des beitswilligenschußes einzugehen. Ich habe im vergangenen
Jahre mich darüber ausgelassen, und der Reichskanzler hat ja bei der
ersten Lesung des Etats darüber gesprochen. Es erübrigt sich, daß ich
deshalb noch einmal darauf eingehe. Aber ich möchte mich zu einer anderen
Frage wenden, die eng mit dem Koalitionsrecht zusammenhängt, und die
der Abg. Doormann bei seinen Ausführungen gestreift hat. Er hat gefragt,
ob wir noch immer nicht so weit wären, daß wir auf eine gesetzliche Regelung
des Tarifvertrages eingehen können. Wenn darauf nicht gleich eine
zusagende Antwort erteilt werden kann, so kommt das daher, weil hier
verschiedene Schwierigkeiten vorhanden sind, auf dem Wege der Gesetz-
gebung einzugreifen. Die eine Voraussetzung ist die Rechtsfähigkeit der
Berufsvereine. Dieser müßte eine Einigung zwischen Regierung und Parla-
ment über ein Berufsvereinsrecht vorausgehen, das den Berufsvereinen auf
der einen Seite das notwendige Maß von Freiheit läßt, das sie brauchen,
um ihre wirtschaftlichen Zwecke zu erfüllen, dann aber muß auch ein Mittel
gefunden werden, um die eingegangenen Verträge sicherzustellen, und der
Staat muß das Recht erhalten, wenn sie ihre Macht zum Schaden der
Gesamtheit und des einzelnen anwenden, hier einzugreifen. Ob dieses Ziel
in absehbarer Zeit erreichbar ist, erscheint mir nach den Erfahrungen der
vergangenen Zeit im hohen Maße zweifelhaft. Ich möchte für meine
Person ausdrücklich betonen, daß es sich hier um ein Problem handelt, das
wir zu einer endgültigen Lösung zu bringen versuchen müssen. Ich weise
auch darauf hin, daß es sich hier um ein Problem handelt, das zurzeit
alle Kulturstaaten der Welt beschäftigt, und das noch keiner, wie verschieden
auch seine gesetzgeberischen Maßnahmen waren, hat lösen können. So ver-