Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreißigster Jahrgang. 1914. Zweite Hälfte. (55b)

Greßbriiannien. (Mai 12.—Juni 3.) 537 
12. Mai. (Unterhaus.) Ministerpräsident Asquith bringt 
eine sogenannte Guillotineresolution ein, die bei der dritten Lesung 
eine Diskussion über die den Grundsatz von Homerule für Irland 
festlegenden Paragraphen der Vorlage ausschließen soll. 
19. Mai. (Unterhaus.) Der Gesetzentwurf über die Tren- 
nung von Kirche und Staat in Wales wird (zum dritten Male) in 
dritter Lesung mit 328 gegen 251 Stimmen angenommen. 
21. Mai. (Unterhaus.) Beginn der dritten Lesung der 
Homerulevorlage. 
Premierminister Asquith teilt mit, daß die Zusatzvorlage zum Home- 
rulegesetz dem Oberhause zugehen werde, er könne aber keinen Zeitpunkt 
für ihre Einbringung angeben und lehne es ab, über ihren augenblicklichen 
Stand zu berichten. Diese Mitteilungen rufen bei der Opposition den 
größten Unwillen hervor, so daß die Verhandlungen schließlich abgebrochen 
werden müssen. 
25. Mai. (Unterhaus.) Die Homerulevorlage (ohne die 
Zusätze der Regierung) wird (zum dritten Male) in dritter Lesung 
mit 351 gegen 274 Stimmen angenommen. 
Bonar Law rät der Opposition, nicht an einer Debatte teilzunehmen, 
da eine Diskussion unnütz wäre, und erklärt: Lassen Sie den Vorhang 
herunter — je eher desto besser — über diese verächtliche Posse! Die Re- 
gierung hat die Macht, das Gesetz im Parlament durchzubringen, aber hier 
endet ihre Macht, und der Schluß des Schauspiels wird sich nicht in diesem 
Hause, sondern im Lande abspielen, an welches wir appellieren werden, 
und dieser Appell ist nicht mehr fern. 
Der Entwurf ist damit vom Unterhause in drei aufeinanderfolgenden 
Sessionen angenommen worden. Er geht jetzt an das Oberhaus. Nach der 
Parlamentsakte wird seine Ablehnung durch die Lords nicht verhindern, daß 
er in kurzer Zeit Gesetz wird. Nach seinem Inkrafttreten wird Irland ein 
eigenes Landesparlament erhalten, das aus zwei Häusern bestehen soll, einem 
Gesetzgebenden Rat und einer Gesetzgebenden Versammlung. Im Reichs- 
parlament wird Irland auch weiter vertreten bleiben. Auf allgemeine 
Reichsangelegenheiten, wie Heer, Marine, Landesverteidigung und auswärtige 
Politik, soll sich die gesetzgebende Gewalt des irischen Parlaments nicht er- 
strecken, dagegen soll die Festsetzung von Zöllen und Abgaben ihm vorbehalten 
sein. Auf die Dauer von 15 Jahren soll Irland einen Zuschuß von 2 Mil- 
lionen Pfund Sterling jährlich aus der Reichskasse erhalten, nach Ablauf dieses 
Zeitraums dagegen einen bestimmten Prozentsatz zu den Reichsausgaben 
beitragen. 
Das einzige ungelöste Problem ist, ob die Provinz Ulster dauernd 
oder nur, wie die Regierung vorschlägt, auf einen Zeitraum von etwa sechs 
Jahren von dem neuen Gesetz ausgenommen werden soll. 
3. Juni. (Oxford.) Die Universität verleiht dem Fürsten 
Lichnowsky den Grad eines Doktors des bürgerlichen Rechts honoris 
CaUSA. 
Auf dem Festessen erklärt der deutsche Botschafter u. a.: Er wisse, 
daß ihm die Auszeichnung nicht wegen seiner Verdienste um die Wissen- 
schaft verliehen worden sei, vielmehr habe die Gemeinschaft, die die Uni-
	        
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