Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Dreiunddreißigster Jahrgang. 1917. Zweiter Teil. (58b)

256 Grebriiaunien. (Januar 31.) 
31. Jan. Amtliche Ableugnungen des Mißbrauchs von Hos- 
pitalschiffen. 
Das Auswärtige Amt gibt folgende Mitteilungen aus: Die deutsche 
Regierung erklärt (s. " 1 S. 74 ff.), sie habe mehrfache schlüssige Beweise 
dafür, daß feindliche Hospitalschiffe in mehreren Fällen zur Be- 
förderung von Munition und Truppen mißbraucht worden seien. Sie gibt 
weiter an, sie habe diese Beweise auf diplomatischem Wege der britischen 
und der franz. Regierung vorgelegt, und hat zugleich erklärt, daß der Ver- 
kehr von Hospitalschiffen auf den militärischen Fahrstraßen für die in 
Frankreich und Belgien kämpfenden Streitkräfte innerhalb einer Linie 
zwischen Timmborough Head und Terschelling auf der einen Seite und zwischen 
nessant und Landsend auf der andern nicht länger geduldet werden solle. 
Die britische Regierung hat noch keine solche Mitteilung auf diplomatischem 
oder anderm Wege von der deutschen Regierung erhalten, wie dies be- 
hauptet worden ist, und sie stellt mit aller Entschiedenheit in Abrede, daß 
britische Hospitalschiffe für die Beförderung von Munition und Truppen 
oder in irgendeiner Weise gebraucht worden sind, die gegen das Haager 
Abkommen der Uebertragung der Grundsätze der Genfer Konvention auf 
den Seekrieg verstößt. Nach diesem Abkommen haben die Kriegführenden 
das Recht, Hospitalschiffe zu durchsuchen, und die deutsche Regierung hat 
daher einen naheliegenden Weg, im Falle des Verdachts Abhilfe zu schaffen, 
von dem sie jedoch nie Gebrauch gemacht hat. Aus der deutschen Mit- 
teilung, daß Hospitalschiffe innerhalb der erwähnten Grenzen nicht mehr 
geduldet werden sollen, kann nur der eine Schluß gezogen werden, daß 
es die Absicht der deutschen Regierung ist, neue und noch unaussprechlichere 
Verbrechen gegen das Völkerrecht und die Menschlichkeit der langen Liste. 
die ihre Vergangenheit entehrt, hinzuzufügen. Unter diesen Umständen hat 
die britische Regierung die Regierung der Ver. Staaten gebeten, der 
deutschen Regierung mitzuteilen, daß die britische Regierung sich dahin ent- 
schieden hat, daß, salls die Drohung zur Tat gemacht wird, sofort von den 
in Betracht kommenden beteiligten Behörden Vergeltungsmaßregeln ergriffen 
werden sollen. 
Die Admiralität macht (am 1. Febr.) folgende Mitteilung: In dem 
heute verbreiteten deutschen drahtlosen Bericht wird von neuem und mit 
größern Einzelheiten behauptet, es sei ein Brauch der britischen Regierung, 
die Unverletzbarkeit, die bisher Hospitalschiffen zugestanden wurde, zu 
mißbrauchen und diese Schiffe für die Beförderung von Truppen und Aus- 
rüstung zu verwenden. Der Bericht enthält eine besondere Bezugnahme 
auf das Hospitalschiff „Britannic“, von dem gesagt wird, es habe 250 
britische Soldaten befördert, die nicht invalide gewesen seien. Als Beweis 
wird die beschworene Aussage des österreichischen Sängers Albert Messannd 
angeführt, der bei Ausbruch des Krieges in Malta interniert war und im 
November 1914 an Bord des Hospitalschiffes „Britannic“ nach England 
zurückkehrte. Die ganze Meldung ist ein Gewebe von Falschheit und die 
einzige wahre Stelle in der Messany zugeschriebenen Erklärung ist die Tat- 
sache, daß er auf der „Britannic“ nach Hause gebracht wurde, da er zur- 
zeit invalide war und aus diesem Grunde in seine Heimat entlassen wurde. 
Wie zu erwarten ist, sind gegenwärtig die Meldungen der deutschen Presse 
voll von falschen Mitteilungen dieser Art, um einen Vorwand für die neueste 
von Deutschland angegebene Methode der Kriegführung zu schaffen. Es 
kann nicht entschieden genng betont werden, daß bei keiner Gelegenheit seit 
Kriegsbeginn an Bord englischer Hospitalschiffe andere Personen als In- 
valide und Lazarettmannschaften eingeschifft worden sind.
	        
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