100 HBie ssterreichisch-ungarische Monarchie und die Nachsolgestaaten. (Nov. 4. 5.)
versammlung einen Verfassungsentwurf, dessen § 1 bestimmt, daß die Ge-
biete des ehemaligen Kronlandes Salzburg unter dem Namen „Land Salz-
burg“ eine eigenberechtigte Provinz im Staate Deutschösterreich bilden.
Am gleichen Tage konstituiert sich in Bregenz die aus 19 Chr. soz.,
6 Deutschfreiheitlichen und 5 Soz. bestehende Landesversammlung von
Vorarlberg als gesetzgebende Körperschaft für Vorarlberg. Sie pro-
klamiert Selbständigkeit des Landes im Rahmen des deutschösterr. Staates
und setzt einen neungliedrigen Landesrat ein. Zum Landespräsidenten wird
Dr. Otto Ender (Chr.-soz.) gewählt.
Am 5. konstituiert sich in Wien die Niederösterr. Landesversamm-
lung. Sie wählt den Christlichsozialen L. v. Steiner zum Landeshauptmann,
den Soz. Sever und den Christlichsozialen Meyer zu seinen Stellvertretern
und setzt einen 7gliedrigen Landesausschuß ein. Die Versammlung nimmt
ferner einen Antrag an, daß die bisherige landesfürstliche Landesregierung,
mit der Selbstverwaltung des Landes vereint, von dem Landeshauptmann
und den andern von der Landesversammlung gewählten Organen ge-
führt wird.
Am 6. findet in Graz die Konstituierung der Steiermärkischen
Landesversammlung statt. Es wird ein Antrag angenommen, wonach das
ehem. Kronland Steiermark unter dem Namen „Land Steiermark“ eine
Prooinz des Staates Deutschösterreich bildet und sich bis zur Neuregelung
der Verfassung und Verwaltung für ganz Deutschösterreich durch die
konstituierende Nationalversammlung eine prov. Verfassung gibt. Nach An-
nahme der einstweiligen Landesverfassung werden Landesausschußbeisitzer
gewählt, und zwar 4 deutschfreiheitliche, 4 christlich-soziale und 4 soz. Der
Landesausschuß wählt einstimmig zum Landeshauptmann Dr. v. Kaan
(deutschfreiheitlich).
Am 7. konstituiert sich in Klagenfurt die prov. Landesversammlung
für Kärnten mit Dr. Lemisch (deutschfreih.) an der Spitze. Der von der
Landesversammlung bestellte Vollzugsausschuß übernimmt die Verwaltung
Kärntens.
4. Nov. Der gem. Finanzminister Dr. Frhr. v. Spitzmüller
tritt zurück.
Mit der zeitweiligen Leitung des Finanzministeriums wird von Kaiser
Karl Frhr. v. Kuh-Chrobak betraut.
5. Nov. (Tirol.) Einmarsch bayer. Truppen.
Die „Innsbrucker Nachrichten“ bringen am 6. folgende Meldung:
Das Bayerische Kriegsministerium in München hat dem Präsidenten
des Tiroler Nationalrates am 5. Nov., 10 ¾ Uhr nachts, folgende Depesche
übermittelt: Die Waffenstillstandsbedingungen zwischen Oesterreich und der
Entente zwingen uns, zur Sicherung unserer Landesgrenzen Truppen nach
Nord-Tirol zu schicken. Gleichzeitig sollen diese Truppen mithelfen, um
den Abzug abgelöster Teile des österreichischen Heeres nach Osten zu ordnen
und das Land vor Zuchtlosigkeit zu schützen. Unsere Vorhuten überschreiten
am 5. Nov. die Grenze und starke Kräfte werden folgen. Wir kommen als
Freunde und erwarten, daß uns bei unseren Bewegungen keine Hindernisse
von seiten des deutschösterreichischen Nationalrates und der österreichischen
Kommandobehörden in den Weg gelegt werden. Sollte das trotzdem der
Fall sein, so sind unsere Truppen angewiesen, sich mit Waffengewalt den
Weg zu bahnen. Der Kommandierende General Krafft v. Delmensingen.
Der Tiroler Nationalrat veröffentlicht eine Kundgebung an die
Tiroler Bevölkerung, in welcher es heißt: Für das deutsche Volk von Tirol