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v. 21. Okt. Deutschösterreich kann nach der furchtbaren Katastrophe nur eine
öffentliche Gewalt kennen, die vom Volke selbst und aus der Volksvertretung
hervorging. Wenn wir die deutschösterr. Republik erklären, so vollziehen
wir eine Notwendigkeit nach außen in unseren Beziehungen zu den übrigen
Völkern Europas und der Welt, zu freundlichen und bisher noch feind-
lichen Mächten. Heute ist die Demokratie das Grundgesetz in der ganzen
Welt geworden. Auch wir müssen mit den Methoden der modernen Zivili-
sation regiert werden. Wir wollen niemand beherrschen außer uns selbst.
Wir wollen aber auch nicht Opfer irgendwelcher fremden Herrschaft werden.
Wir werden auch auf keine in unserem Siedelungsgebiet eingeschlossenen
Volksteile verzichten. R. betont die Notwendigkeit des Zusammenschlusses
der drei Hauptgruppen der Bevölkerung, Bürger, Bauer und Arbeiter, zum
Schutz gegen die wirtschaftliche und soziale Katastrophe. Bei den im Ja-
nuar stattfindenden Wahlkämpfen werde ein jeder für seine Weltanschauung
und seine Parteigrundsätze wirken können. Bis dahin mögen auch die Massen
draußen zusammenwirken, um uns das Dasein zu ermöglichen. In Be-
sprechung des Art. 2 erklärt R.: Unser deutsches Volk ist im Unglück tief
gebeugt, aber gerade in dieser Stunde, wo es so leicht und bequem und
vielleicht auch so verführerisch wäre, von der Liste der Feinde Vorteile zu
erhaschen, soll unser Volk genau wissen: Wir sind ein Stamm und eine
Schicksalsgemeinschaft (stürm. Beifall). Dieser Artikel wird erst durch be-
sondere Gesetze Inhalt bekommen auf Grund der Beratung mit unseren
Brüdern im Reiche. Die große überwältigende Mehrheit des deutschen
Volkes war bereit, einen Frieden auch im Rahmen des alten Staates
Oesterreich zu schließen. Wir konnten aber unsere Verhandlungen nicht zum
friedlichen Abschluß bringen. Immer stießen wir auf die letzte Bedingung,
die Unterstellung eines wichtigen Teiles unseres Landes unter die tschecho-
slowakische Fremdherrschaft. Mit unserem freien Willen wird aber niemals
deutsches Gebiet unter Fremdherrschaft gestellt werden. Die tschecho-slowa-
kische Bourgeoisie möge sich nicht dem Traum hingeben, daß es den franz.
und engl. Arbeitern auf die Dauer daran gelegen sein wird, den deutschen
Boden mit Gewalt zu unterdrücken. Wir sind bereit, in jede ehrliche, auf
Gleichberechtigung beruhende internationale Gemeinschaft einzutreten. Am
liebsten wäre uns eine internationale Gemeinschaft der vereinigten Demo-
kratien Europas. Der angelsächsischen Bourgeoisie, die unter der Freiheit
der Völker Europas die Gelegenheit zur wirtschaftlichen Ausbeutung Europas
versteht, wird in nicht allzu ferner Zeit der Völkerbund von ganz Europa
antworten, um diesen Kontinent von imperialistischer Fremdherrschaft zu
befreien. (Lebh. Beif.)
Abg. Miklas (Christl.-soz.) gibt hierauf eine Erklärung ab, wonach es
dem demokratischen Empfinden der Partei eher entsprochen hätte, die endliche
Entscheidung über die Regierungsform der allgemeinen Volksabstimmung
vorzubehalten. Die Christlich-Sozialen werden sich gemäß ihren katholischen
Grundsätzen der neuen Staatsautorität loyal unterordnen.
Der Gesetzentwurf wird sodann in allen Lesungen unter stürmischem
Beifall des ganzen Hauses und der Galerien einstimmig angenommen.
Staatskanzler Dr. Renner stellt weiter den Antrag, die National-
versammlung möge beschließen, daß folgende Proklamation an das Volk
erlassen werde: Aufruf! Die Prov. Nationalversammlung erläßt folgenden
Aufruf: An das deurschösterreichische Volkl Die durch das gleiche Stimm-
recht aller Bürger berufenen Vertreter des Volkes von Deutschösterreich
haben in der Prov. Nationalversammlung unter den freigewählten Prä-
sidenten vereinigt und beraten durch die von der Volksvertretung einge-
setzten verantwortlichen Behörden den Beschluß gefaßt, den Staat Deutsch-