Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

136 Spanien. Juli 20. Aug. 23.) 
liche Abstimmung an. Die soz. und republik. Abg., die die Vorlage als 
verfassungswidrig bekämpfen, verlassen vorher den Saal. Minister Cambeo 
erklärt, es sei notwendig, Spanien zu retten, und die Regierung werde das 
Land retten trotz der Opposition der Linken. — Der Senat hat das Gesetz 
bereits am 4. einstimmig angenommen. Am 8. wird es im Amtsblatt ver- 
lautbart. Es ermächtigt die Regierung, die Aufrechterhaltung der span. 
Neutralität zu erzwingen, indem es Gefängnis= und Geldstrafen für Mit- 
teilungen an fremde Mächte sowie für Uebermittlung von Nachrichten vor- 
sieht, die Spanien oder eine fremde Macht schädigen. Es ermachtigt die 
Regierung auch zur Zensur aller neutralitätswidrigen Schreib= und Druck- 
werke. Als erste Maßregel beschließt der Ministerrat, die Veröffentlichung 
aller Nachrichten über die Bewegungen von Handelsschiffen zu verbieten. — 
Die durch dieses Gesetz in den Kreisen der Verbandsfreunde verursachte 
Aufregung beweist, daß es ein wirksames Schutzmittel gegen die in Spanien 
betriebene Verbandsspionage darstellt. Als Protest gegen die Annahme des 
Gesetzes beschließen die Minderheitsparteien (sozialistische, republikanische 
und Reformpartei), den weiteren Sitzungen der Kammer fernzubleiben. 
20. Juli. Durch kgl. Dekret wird der Kongreß über den Sommer 
vertagt. 
20. Juli. Wechsel des Marineministers. 
Marineminister Admiral Pidal nimmt seine Entlassung. Als Ursache 
werden Meinungsverschiedenheiten mit Maura über die Auslegung des un- 
längst votierten Militärgesetzes auf das Marinedepartement angegeben. Sein 
Nachfolger wird Admiral Miranda, Kommandant des Geschwaders in Ferrol. 
WB. Aug. Schadenersatzforderung für versenkte Tonnage. 
Die „Nordd. Allg. Ztg.“ teilt mit: Der span. Botschafter in Berlin 
hat in diesen Tagen eine Instruktion seiner Regierung überreicht, in der 
der feste Wille Spaniens zur Neutralität betont wird. Gleichzeitig wird 
zum Ausdruck gebracht, daß die Versenkung span. Schiffsraums durch deutsche 
U-. Boote einen Umfang angenommen habe (die Note spricht von 20 Proz.), 
der die Zukunft des span. Wirtschaftslebens gefährden könne. In der Mit- 
teilung wird ausgeführt, daß sich die span. Regierung infolgedessen ver- 
anlaßt sehe, für Ersatz der in Zukunft versenkten Tonnage aus deutschem 
Schiffsraum zu sorgen. Die deutsche Reichsregierung hat in ihrer Antwort 
auf die schweren Bedenken hingewiesen, die einer derartigen Regelung im 
Wege ständen, zumal da es nicht angängig sei, Ausnahmen von den Grund- 
sätzen unserer Seekriegführung einzelnen Staaten zuzubilligen. 
Ueber die Sitzung des Ministerrats v. 20. Aug., in der die obige In- 
struktion beschlossen wurde, stellt der span. Unterstaatssekretär des Innern 
der Presse eine offizielle Note zu, worin es heißt: Infolge des U-Boot- 
krieges sind span. Schiffe versenkt worden, deren Tonnage 20 v. H. unserer 
Handelsflotte ausmacht. Die Ziffer der umgekommenen Seeleute übersteigt 
100, abgesehen von der beträchtlichen Zahl der Verwundeten. Bedauer- 
licherweise kam es bei verschiedenen Gelegenheiten vor, daß die Schiff- 
brüchigen in großer Entfernung von der Küste im Stich gelassen wurden. 
Dieser Zustand erreichte seinen Höhepunkt, als von der Regierung be- 
anspruchte Schiffe mit Ladungen von Waren, die tatsächlich und ausschließ- 
lich für span. Verbrauch von dringender Notwendigkeit bestimmt waren, 
ohne den geringsten Vorwand torpediert wurden, wodurch die Schwierig- 
keiten der span. Schiffahrt noch vermehrt wurden, so daß eine für die Inter- 
essen Spaniens verhängnisvolle Lage geschaffen worden ist. Diese uns ver- 
ursachten Schwierigkeiten stehen mit der Achtung nicht im Einklang, auf
	        
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