Spanien. (Dez. 8.—18.) 141
8. Dez. Abberufung des Botschafters in Berlin.
Das „Amtsblatt“ veröffentlicht ein Dekret, in welchem das Entlassungs-
gesuch des span. Botschafters in Berlin, Polo de Barnabé, angenommen
wird. Der Botschaftsrat hat seine Amtspflichten übernommen, da die span.
Regierung einen Nachfolger erst ernennen will, wenn die politische Lage
in Deutschland wieder normal geworden ist.
11. Dez. (Kongreß.) Regierungsprogramm, katalon. Unab-
hängigkeitsfrage.
Im Senat erklärte Ministerpräsident Graf Romanones, er habe
sein möglichstes getan, die Bildung eines Parteiministeriums zu vermeiden;
er sei jedoch gezwungen gewesen, ein Ministerium zu bilden, das nur aus
Romanonisten bestehe. Das Programm der Regierung beruhe auf der Be-
willigung des Budgets und auf der Formel, welche die wirtschaftliche Lage
regle. Eine Aussprache über die Frage der katalonischen Selbstverwaltung
sei ebenfalls notwendig. Was Marokko anlange, so könne Spanien eine
abwartende Politik nicht länger beibehalten, es tue not, die Regierungsform
der Schutzherrschaft zu ändern. Die internationale Politik des Kabinetts
werde die wirtschaftliche Lage Spaniens retten. Man müsse an das denken,
was Spanien 1919 unternehmen solle. — Senator Toca erklärt im Namen
der Konservativen und Senator Allendo im Namen der Anhänger Mauras,
daß diese Parteien das liberale Ministerium unterstützen würden, solange
die Verfassung nicht in Mitleidenschaft gezogen werde.
In der Kammer gibt Romanones die gleichen Erklärungen ab.
Cambö vertritt die Ansicht, daß die Zentralgewalt der Kreisgewalt all das
überlassen müsse, was für Katalonien eine Lebensnotwendigkeit sei. Er be-
tont, der Wille der Katalonier gehe auf ein großes Spanien, weist jedoch
auf die Notwendigkeit hin, das Problem ohne Vorbehalte zu lösen.
12. Dez. Anderung der Verwaltung Marokkos.
Ein Erlaß betr. die Schutzherrschaft über Marokko hebt das Amt des
Generalgouverneurs von Afrika auf. Das Gebiet wird in die Bezirke Melilla
und Ceuta, der auch den Bezirk Larrasch umfaßt, eingeteilt. Die beiden
Kommandanten werden die nötigen Weisungen durch den Oberkommissar
empfangen. Die Aushebung und die Organisation der Verwaltung werden
dem Kriegsministerium unterstellt.
18. Dez. Ministerpräsident Graf Romanones reist nach Paris.
In einer offiziösen Note wird mitgeteilt, daß Graf Romanones
einer Einladung des Präsidenten Wilson Folge leiste und in Paris außer
mit dem Präsidenten der Ver. St. mit der franz. Regierung sowie mit den
dort weilenden Vertretern der engl. und ital. Regierung über die Spanien
interessierenden internationalen Probleme und über die neue Weltordnung
zu konferieren beabsichtige. Die Reise des Ministerpräsidenten werde für
die auswärtige Politik Spaniens von besonderer Bedeutung sein.
Der Bericht wird von der gesamten Presse mit Beifall ausgenommen
und als ein persönlicher Erfolg des Ministerpräsidenten hingestellt.
In Zeitungsinterviews erklärt Graf Romanones in Paris, das
Ende des Krieges stelle den Neutralen wie den Kriegführenden verwickelte
Probleme, die einen Gedankenaustausch mit der Entente nötig machen.
Bezüglich der Lage in Spanien sehe er der Zukunft ohne Befürchtungen
entgegen. Die einzige schwierige Frage sei die separatistische Bewegung in
Katalonien. Er halte eine Lösung auf gesetzlichem Wege für möglich. Jetzt
sei die Stunde des Friedens zwischen den Nationen wie zwischen den Bürgern.