Vie ästerreichisch-ungariseze Mosearchie und die Machfelgestaaten. (Febr. 22. 25.) 17
im gegenseitigen Einverständnis von Volk zu Volk ausgeglichen werden. —
Abg. Lewyckyj (Ruth.) begrüßt die Anerkennung des Selbstbestimmungs-
rechtes der Ukraine durch den Friedensschluß mit der ukrain. Republik,
sowie die heutige Erklärung des Polenklubs, daß Polen mit dem ukrain.
Staate in ein freundschaftliches Verhältnis treten wolle. Die Ukrainer müßten
jedoch gegen die Auffassung der Polen protestieren, daß der Friede auf
Kosten des poln. Volkes und des poln. Gebiets von Cholm geschlossen
worden sei, auf welch letzteres Gebiet die Polen ein Recht hätten. Redner
verlangt schließlich, daß zur Wahrung der Entwicklungsfreiheit der Ukrainer
in der österr.-ung. Monarchie die ukrain. Gebiete Galiziens als Reichsland
organisiert werden. — Abg. Winter (Tschech. Soz.) erklärt, die Grenz-
streitigkeiten zwischen den Ukrainern und den Polen hätten einvernehmlich
zwischen den beiden Völkern gelöst werden müssen. Er protestiere gegen
den Einmarsch deutscher Truppen in Rußland, der nur bezwecke, die revo-
lutionäre Bewegung in Rußland zu bekriegen. — Abg. Waldner gibt
namens des Verbandes der deutsch-nationalen Parteien eine Erklärung ab,
worin er den Friedensschluß mit der Ukraine billigt und bedauert, daß die
Polen uneingedenk des für die Befreiung und Wiederherstellung des König-
reichs Polen von den Mittelmächten gemeinsam vergossenen Blutes ihre
nationalen Sonderinteressen den höchsten Interessen des Staates nicht unter-
ordnen. — Abg. Daszynski (Poln. Soz.) erklärt, durch die Brest-Litowsker
Verhandlungen sei das Vertrauen der Polen getötet worden. Künftighin
werde zwischen Ukrainern und den Polen ein Elsaß-Lothringen bestehen, an
welchem beide Staaten Jahrzehnte merklich bluten werden. — Abg. Dr. Adler
(Dtsch. Soz.) erklärt, die Soz. können nicht für das Budgetprovisorium stimmen,
weil sie keine Lust habe, politisch oder moralisch irgendeine entfernte Verant-
wortung für diesen Krieg zu übernehmen. .
Am21.erklärtAbg.Hauset(Christl.-soz.)bezüglichderWünschenach
Entlassung älterer Jahrgänge, er habe gestern mit dem Kaiser darüber ge-
sprochen. Der Kaiser habe ihn beauftragt, dem Hause zu sagen, daß es
ihm die größte Sorge bereite, den Krieg fortführen zu müssen, und daß
er nichts sehnlicher wünsche, als die Soldaten so bald als möglich nach
Hause zu schicken. Besonders sei dem Kaiser daran gelegen, die alten Jahr-
gänge so bald als möglich zu entlassen.
Gegenüber den herausfordernden Reden der poln. Abg. weist Minister-
präsident Dr. von Seidler mit aller Schärfe die Angriffe gegen das Deutsche
Reich zurück. Diese Angriffe wirkten kriegsverlängernd, indem sie den
Kriegshetzern im gegnerischen Lager Argumente gegen die Geschlossenheit
der Mittelmächte lieferten. Gott sei Dank stehe das Verhältnis zu dem alle
Zeit und namentlich im Feuer des Weltkrieges herrlich bewährten Ver-
bündeten zu hoch und zu fest, als daß solche Quertreibereien an seiner
Klarheit, Wärme und Innigkeit zu rühren vermöchten.
Am 22. wird das Budgetprovisorium dem Budgetausschusse überwiesen.
Da es nicht gelingt, das Budgetprovisorium rechtzeitig zur endgültigen
Abstimmung im Parlament zu bringen, tritt am 1. März ein sog. ex-lex-
Zustand ein. Die Abstimmung erfolgt erst am 7. März ((. S. 20).
22. Febr. Kaiser Karl weilt im deutschen Großen Hauptquartier.
25. Febr. (Ung. Abg.-Haus.) Das Budgetprovisorium (für
März und April) sowie die Vorlage über die Verlängerung des Finanz-
abkommens mit Kroatien werden in dritter Lesung angenommen.
Hierauf vertagt sich das Haus auf unbestimmte Zeit. — Am 26.
stimmt das Magnatenhaus beiden Vorlagen zu.
Europäischer Geschichtskalender. LIX# 2