Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Ersbritannien. (Aug. 8.) 209 
Belgien ohne Grund genommen; wir wollen es zurückgeben, sobald es uns 
möglich ist, und zwar mit allem, was wir ihm genommen haben.“ Niemals 
haben sie so gesprochen, und das würde die einzige Politik sein, die die 
extremsten Pazifisten im Unterhause befriedigen könnte. 
An der deutschen Ostgrenze findet sich noch ein deutlicheres Beispiel 
für die Durchführung der deutschen Theorien, solange Deutschland an der 
Macht ist. Deutschland übt infolge des russischen Zusammenbruchs von 
Nord-Finnland bis zum Schwarzen Meere seinen Einfluß aus. Zu Finn- 
land ist Deutschland als Befreier gekommen, aber außer der Knechtung 
durch Deutschland gibt es kein schlimmeres Schicksal, als durch Deutschland be- 
freit zu werden. (Heiterkeit.) Finnland befindet sich jetzt in der Macht Deutsch- 
lands, das darauf besteht, ihm die Art seiner Regierung vorzuschreiben. 
Deutschland gab ihm Kupfer und andere Rohstoffe, ohne es mit Lebens- 
mitteln zu versorgen. Es schickt Truppen nach Finnland und versucht, es 
in den Krieg hineinzuziehen und es als Mittel zu gebrauchen, noch weitere 
Angriffe auf Rußland zu machen und auch fernerhin gegen die Mächte 
vorzugehen, von denen Rußlands Wiederherstellung abhängt. Ein wenig 
südlicher liegen die baltischen Provinzen, die Estländer, Letten, Litauer, 
Polen und Ukrainer. Ohne Zögern und ohne Erbarmen hat Deutschland 
sich bemüht, durch jedes Mittel, das in seiner Macht stand, durch Gewalt 
und gewaltsam erpreßte Verträge diese Völker unter deutsche militärische 
und wirtschaftliche Vorherrschaft zu bringen, so daß sie seine Handlanger 
in Handelsfragen würden und es mit Truppen im Kriege versorgten. 
Deutschland war so entschlossen, diese Nationen zu unterdrücken und die 
Karte dieses Teiles von Europa nach seinem Belieben neu zu gestalten, daß 
es sich sorgfältig gehütet hat, die Umgestaltung entsprechend den Grenzen 
der Nationen und der Rassen vorzunehmen; vielmehr legte es den Neubau 
so an, daß er ohne die deutschen Stützen einstürzen müßte. Ich würde 
nicht verstehen, wenn irgendein Friede von den Mächten der Alliierten 
geduldet und bewilligt würde, der diese Verhältnisse außer acht ließe. 
Gegenüber Rumänien wurden die deutschen Methoden in sehr charakteri- 
stischer und nicht zu verkennender Weise angewendet. Deutschland hat nicht 
nur Rumänien gezwungen, Beiträge zu den deutschen Kriegskosten zu leisten, 
sondern es verschaffte sich die Aufsicht über die rumänischen Industrien, 
indem es sich in Rumänien zum absoluten militärischen und wirtschaftlichen 
Beherrscher machte. Wir haben ebenfalls unser Gebiet erheblich erweitert. 
Wir haben das südliche Palästina und einen großen Teil von Mesopotamien 
besetzt und die deutschen Kolonien genommen. Wenn irgendjemand den 
Unterschied zwischen deutschen und engl. Methoden kennen lernen will, sollte 
er den Zustand in den von uns besetzten Gebieten mit den Verhältnissen 
der von Deutschland eroberten Länder vergleichen. Wo immer wir hin- 
kamen, haben wir sichere Verhältnisse geschaffen, der Handel gedieh und der 
Wohlstand stieg. Ich glaube, daß jetzt in Mesopotamien mehr Getreide 
wächst als seit Jahrhunderten, daß Palästina sich eines größeren Wohl- 
standes erfreut als je und daß in den deutschen Kolonien große Verbesse- 
rungen erreicht worden sind. Wenden sie sich von Palästina zu Polen und 
Belgien: Die deutschen Soldaten haben eine Wüste geschaffen und eine 
Wüste hinterlassen. Ein deutscher Beamter in Rumänien hat einem Rumänen, 
der sich über die Friedensbedingungen beklagte, gesagt: Sie sollten den Frieden 
kennen, den wir Frankreich und England aufzuerlegen beabsichtigen. Nach 
dem sorgfältigsten Studium des Vorgehens der deutschen Regierung, der 
Mitteilungen der deutschen Politiker und der Veröffentlichungen der deutschen 
politischen Schriftsteller sehe ich nicht das leiseste Anzeichen, daß eine Dis- 
kussion mit ihnen fruchtbar werden würde. Die Kluft, die die alliierten 
Europäischer Geschichtskalender. LIX1 14
	        
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