242 krankreich. (Jan. 14.)
land behalten, deren Bevölkerung sich, wie es behauptet, bereits ausgesprochen
hat. Der große Zorn der Maximalisten gegen die deutschen Bevollmächtigten
hat sich beruhigt. Es scheint gegenwärtig, daß Anzüglichkeiten zwischen
Kühlmann und Cezernin einerseits und den maximalistischen Delegierten
anderseits ausgetauscht werden. Wird der Friede geschlossen werden? Ob
nun Deutschland ihn schließt, oder ob es beim Waffenstillstand bleibt — es
wird sich um die Lösung der Frage gegen uns bemühen können, die der
russische Abfall seiner Entscheidung anheimgegeben hat. Es wäre unklug,
sich von der Festigkeit maximalistischen Geistes und von den Drohungen
mit einem revolutionären Krieg bestechen zu lassen. Es ist besser, dem
Schlimmsten zuvorzukommen. Folgendermaßen stellt sich also die Lage dar:
Einerseits haben die alliierten Länder durch ihre Regierungen bekannt-
gegeben, daß die Grundsätze eines dauerhaften und gerechten Friedens, den
sie erstreben, Gleichberechtigung, Freiheit, Unabhängigkeit, das Recht auf
Wiedergutmachung der erlittenen Schäden und die Schaffung bestimmter
Einrichtungen zur Verhinderung einer Wiederholung des Krieges sind. Sie
haben sich andererseits in aller Form bereit erklärt, untereinander die Vor-
schläge zu prüfen, die ihnen von ihren Gegnern etwa gemacht werden würden.
Abg. Renaudel (Soz.) legt dar, daß die Regierungspolitik dem Pro-
gramm Wilsons völlig widerspreche, und bringt eine auch von einigen Rad.-
Soz. unterstützte Tagesordnung ein, die den Zusammentritt einer Konferenz
der Alliierten zur Abfassung einer gemeinsamen Erklärung über die Friedens-
bedingungen fordert. — Die Kammer billigt jedoch mit 377 gegen 113
(85 unif. Soz., 23 Rad.-Soz., 3 republik. Soz. und 2 Unabh.) Stimmen
folgender von der Regierung angenommenen Tagesordnung Augagneur die
Priorität zu: „Die Kammer billigt die Erklärungen der Regierung, vertraut
darauf, daß sie durch energische Fortsetzung des Krieges die vollständige
Wiedergutmachung des Mißbrauchs der Gewalt, Herstellung einer Herrschaft
der Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen und den Triumph
der Demokratie weiter erstreben wird und geht zur Tagesordnung über.“
Diese Tagesordnung wird sodann mit großer Mehrheit durch Handaufheben
angenommen.
Die Rede Pichons wirkt in sozialistischen Kreisen äußerst verstimmend,
da trotz aller Versicherungen Pichons doch ein Zwiespalt zwischen dem Pro-
gramm Wilsons und den franz. Regierungserklärungen bestehe und weder
in der russ. Frage, noch bei dem Problem der künftigen Völkergemeinschaft
eine Uebereinstimmung festzustellen sei.
14. Jan. Der ehem. Ministerpräsident Caillaux wird verhaftet.
Eine amtliche Verlautbarung über die Gründe der Verhaftung erfolgt
nicht. Nach Blättermeldungen war der Inhalt eines Kassenschrankes, den
C. unter dem Namen seiner Frau „Madame Rénouard“ im Gebäude der
Banca lItaliana di Sconto in Florenz besaß und der vor einigen Tagen
amtlich geöffnet worden war, für C. sehr belastend. Darin soll sich u. a.
ein ausgearbeiteter Plan über Maßnahmen, die C. im Falle seiner Be-
rufung an die Spitze der franz. Regierung treffen wollte, befunden haben.
Nach der „Petite République“ sei die Entscheidung bezüglich C.s gefaßt
worden nach Erhalt eines Telegrammes von Lansing, das die zwischen Lux-
burg und Bernstorff ausgetauschten chiffrierten Depeschen in Uebersetzung
wiedergegeben habe. Die Depeschen sollen sich auf die Besprechungen und
Schritte C.s in Verfolg der ihm von der franz. Regierung i. J. 1915 für
Hüdamerika anvertrauten Mission beziehen. U. a. soll C. in Argentinien
esprechungen mit dem deutschen Gesandten Grafen Luxburg gehabt haben.
Am 17. Jan. veröffentlicht die amerik. Botschaft in London zwei Tele-