22 Nie lserreichiscz-ngerisee Mssarchie und die Nasoltzeslaalen. (April 2.,
blick unmöglich ist, verhindern dies, und so ergreife ich gerne die Gelegen-
heit, den anwesenden Herren ein kurzes Bild der gegenwärigen internatio-
nalen Situation zu entwickeln. Mit dem rumän. Friedensschluß ist der Krieg
im Osten beendet. Drei Frieden wurden geschlossen: mit Petersburg, mit
der Ukraine und mit Rumänien. Ein Kapitel des Krieges ist erledigt.
Bevor ich mich den einzelnen geschlossenen Frieden zuwende und des
genaueren über deren Details spreche, möchte ich auf jsene Ausführungen
des Präsidenten der Ver. Staaten (s. Ver. St., 11. Febr.) zurückkommen,
in welchen er meine am 24. Jan. d. J. im österr. Delegationsausschusse für
Aeußeres gehaltene Rede (s. S. 6 ff.) beantwortet hat. In manchen Teilen
der Welt werden die Reden Wilsons als der Versuch aufgefaßt, einen neil
zwischen Wien und Berlin zu treiben. Ich glaube das nicht. Ich glaube
das nicht, weil ich eine viel zu hohe Meinung von dem staatsmännischen
Blicke des Präsidenten der Ver. St. habe, um zu glauben, daß er eines
solchen Gedankenganges fähig wäre. Wilson ist ebensowenig imstande, uns
ein unehrliches Vorgehen zuzumuten, wie wir ihm ein solches zumuten
könnten. Wilson will Wien von Berlin nicht trennen. Er will es nicht
und weiß auch, daß das unmöglich ist. Wilson sagt sich aber vielleicht,
daß Wien ein günstiger Boden ist, um dort das Samenkorn des allgemeinen
Friedens hineinzulegen. Er sagt sich vielleicht, daß die österr.-ung. Monarchie
das Glück hat, einen Herrscher zu besitzen, der aufrichtig und ehrlich den
allgemeinen Frieden will, daß dieser Monarch aber niemals einen Treubruch
begehen, niemals einen schimpflichen Frieden schließen wird und daß hinter
dem Kaiser und König 55 Millionen stehen. Und Milson sagt sich viel-
leicht, daß diese geschlossene Masse eine Kraft darstellt, die nicht gering
einzuschätzen ist, daß dieser starke und ehrliche Friedenswille, welcher
den Monarchen, die Regierungen und die Völker der beiden Staaten ver-
bindet, imstande ist, der Träger jener großen Gedanken zu sein, in deren
Dienst sich Wilson gestellt hat. Bevor ich auf die letzten Ausführungen
Wilsons eingehe, muß ich ein Mißverständnis aufklären: Ich habe in meiner
letzten, im österr. Delegationsausschusse gehaltenen Rede auf eine einschlägige
Anfrage erklärt, daß Wilson bereits im Besitze meiner Ausführungen sein
dürfte. Wilson hat dies später richtiggestellt und hervorgehoben, daß es
sich hier nur um ein Mißvoerständnis handeln könne, denn ein direkter
Kontakt zwischen mir und ihm bestehe nicht. Wilson hat vollständig recht.
Es handelt sich hier um ein Mißverständnis. Ich habe vor meiner da-
maligen Rede Sorge dafür getragen, daß deren Wortlaut von einer nicht-
offiziellen Stelle aus dem neutralen Ausland nach Washington telegraphiert
werde, um dergestalt eventuellen Mißverständnissen oder Entstellung vor-
zubeugen. Ich dachte, daß dieser Text in dem Augenblicke, als ich meine
Rede hielt, bereits in Washington angelangt sein würde; er scheint jedoch
erst einige Tage später dort eingetroffen zu sein. An der Sache ändert
dies gar nichts. Den Zweck, den ich verfolgt habe, daß der Präsident der
Ver. St. den genauen Wortlaut meiner Ausführungen kennen lerne, ist er-
reicht worden, und die kleine Verzögerung von einigen Tagen war voll-
ständig nebensächlich. Zu der Anwort des Präsidenten kann ich nur sagen,
daß ich es für sehr wertvoll halte, daß der deutsche Reichskanzler in seiner
ausgezeichneten Rede vom 25. Febr. (s. Tl. 1 S. 86 ff.) mir die Antwort aus
dem Munde genommen und erklärt hat, die vier von Wilson in seiner
Rede am 11. Febr. entwickelten Grundsätze seien „eine Basis, auf welcher
der allgemeine Frieden erörtert werden kann“. Ich stimme dem vollkommen
bei. Die vier Punkte des Präsidenten sind eine geeignete Grundlage für
den Eintritt in die Diskussion zu einem allgemeinen Frieden. Ob der
Präsident in seinen Bestrebungen, seine Verbündeten auf dieser Basis zu