Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Franbreich. (Nov. 11.) 285 
den Sieg der Alliierten. Der Senat beschließt den Maueranschlag der beiden 
Reden und nimmt dann einstimmig folgenden von Senator Millies- 
Lacroix eingebrachten Antrag an: 1. Die Armee, ihre Führer, die Re- 
gierung der Republik, Bürger Georges Clemenceau, Ministerpräsident und 
Kriegsminister, und Marschall Foch, Oberkommandierender der verbündeten 
Armeen, haben sich um das Vaterland hoch verdient gemacht, 2. der Text 
dieses Gesetzes wird in allen Bürgermeisterämtern und Schulen der Republik 
eingemeißelt zum dauernden Andenken. 
11. Nov. (Kammer.) Siegesfeier, Huldigung für Clemenceau 
und Foch. 
Ministerpräsident Clemenceau verliest, an vielen Stellen durch 
stürmischen Beifall unterbrochen, die von Deutschland angenommenen Waffen- 
stillstandsbedingungen. Hierauf entbietet er im Namen des franz. Volkes 
und der Regierung den Gruß des einigen und unteilbaren Frankreichs den 
Provinzen Elsaß und Lothringen sowie den im Kampf fürs Vaterland 
Gefallenen. (Die Kammer erhebt sich in tiefer Bewegung.) Nach der Rede 
Clemenceaus feiert Präsident Deschanel die heilige Stunde, auf die Frank- 
reich 47 Jahre lang gewartet habe, während deren Elsaß und Lothringen 
unaufhörlich nach Frankreich begehrt haben. Diese Provinzen seien das 
heilige Unterpfand der nationalen und moralischen Einheit Frankreichs und 
er fordere alle Franzosen auf, sich vor den herrlichen Schöpfern dieses großen 
Werkes der Gerechtigkeit in Ehrfurcht zu verneigen, sowohl vor denen die 
1870 die Zukunft Frankreichs gerettet und durch ihren Widerstand den Weg 
für den jetzigen Sieg geebnet haben, also auch vor denen, deren unerschütter- 
lichem Mute es zu verdanken sei, daß in diesem großen Kriege die ganze 
Welt Elsaß--Lothringen als das Sinnbild des Rechts betrachtet habe. 
Nach kurzer Unterbrechung der Sitzung beginnt die Kammer die Ver- 
handlungen über den Gesetzantrag betr. die Ehrung der Armee, der Re- 
gierung, Clemenceaus und Fochs (s. o.). Abg. Renaudel (Soz.) beantragt, 
die Namen von Personen in dem Antrag zu streichen, und lediglich zu 
erklären, daß die Republik sich um Frankreich wohl verdient gemacht habe. 
In der Begründung führt er aus, daß der Sieg Frankreichs der Kraft 
seiner Organisation, die nicht verändert zu werden brauchte, zu danken sei, 
nicht den Taten einzelner Personen, die dem Urteil der Geschichte unter- 
ständen. Der soz. Antrag wird mit 372 gegen 71 Stimmen abgelehnt und 
der Gesetzantrag angenommen. 
Gleichzeitig verherrlicht im Senat Präsident Dubost in einer Ansprache 
den Sieg der franz. Waffen. Der Antrag des Senators Ratier, Clemenceaus 
Büste im Sitzungssaal aufzustellen, wird einstimmig angenommen. 
11. Nov. Tagesbefehl Marschall Pétains. 
Der Oberbefehlshaber der franz. Armee Marschall Pétain richtet aus 
Anlaß des Einmarsches der franz. Truppen in Elsaß-Lothringen folgenden 
Tagesbefehl an die ihm unterstellten Truppen: Lange Monate hindurch 
habt ihr gekämpft, die Geschichte wird die Zähigkeit und die stolze Energie 
feiern, die ihr 4 Jahre lang bewiesen habt für unser Vaterland, das siegen 
mußte, um nicht zu sterben. Morgen werden wir, um den Frieden besser 
diktieren zu können, unsere Waffen bis zum Rheine tragen. In dieses Land 
Elsaß-Lothringen, das uns teuer ist, werdet ihr als Befreier einziehen. Ihr 
werdet noch weiter vorrücken, in deutsches Land, um Gegenden zu besetzen, 
die ein notwendiges Pfand für unsere gerechten Wiederherstellungen dar- 
stellen werden. Frankreichs Aecker sind verwüstet, seine Städte zerstört, es 
hat viele grausame Trauerfälle zu verzeichnen. Die befreiten Provinzen
	        
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