Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

294 Franbreit. (Dez. 19.—26.) 
der Welt aufzuerlegen versucht hat. Von nun an öffnet sich eine Aera der 
friedlichen Zusammenarbeit, gegründet auf gegenseitige Achtung und ver- 
trauensvolle loyale Freundschaft. Frankreich und Italien haben eine große 
zivilisatorische Mission zu erfüllen. Kein Sonderinteresse darf hierin ein 
Hindernis bilden. In dem billigen Ineinklangbringen unserer besonderen 
Interessen werden wir den unzerstörbaren Kitt der Freundschaft und des 
einträchtigen Wirkens finden, das die beiden Länder durch die wieder er- 
neute Waffenbrüderschaft geweiht haben, und die beiden Länder werden 
derart einander wertvolle und starke Hilfe gewähren können auf dem 
schwierigen Wege der Menschheit zu einer gesicherten Zukunft der Freiheit 
und der Gerechtigkeit. 
19. Dez. (Senat.) Das Haus nimmt die Verlängerung des 
Privilegs der Bank von Frankreich um 25 Jahre an. 
In der Debatte teilt der frühere Finanzminister Ribot mit, daß die 
Staatsschulden Frankreichs 170 Milliarden Fr. betragen; die Verzinsung 
werde jährlich etwa 9 Milliarden Fr. erfordern, sodaß insgesamt jährlich 
mindestens 17 Milliarden Fr. für das ordentl. Budget aufzubringen seien. 
(Die Kammer (s. S. 270] hat das Privileg nur für 20 Jahre verlängert.) 
25. Dez. Wilsons Weihnachtsbotschaft. 
Aus Anlaß des Weihnachtsfestes richtet Präsident Wilson an das Weiße 
Haus in Washington eine Botschaft, worin er zunächst den Amerikanern 
von dem guten Gesundheitszustand ihrer auf europäischem Boden weilenden 
Mitbürger Mitteilung macht und die hohe Achtung sowie das Vertrauen 
hervorhebt, deren sie sich überall erfreuen, und sodann fortfährt: Ich bin 
dessen gewiß, daß Euch auch die Versicherung stärken wird, daß die öffent- 
liche Meinung aller großen Nationen, mit denen wir im Kriege verbunden 
waren, entschieden an allen Vorschlägen festhält, die einen gerechten, dauernden 
Frieden und ein inniges Zusammenarbeiten der sich selbst regierenden Völker 
der Welt zum Ziele haben und den Frieden auf eine feste Grundlage stellen 
werden, sobald die im Zuge befindlichen Vereinbarungen festgelegt sein 
werden. Nichts kann unsere Zuversicht in diesen Weihnachtstagen mehr 
stärken, als die Stimmung, die er findet und die überall vorherrscht. 
Am gleichen Tage nimmt Präsident Wilson auf dem Plateau von 
Langres eine Parade über amerik. Truppen ab. Dabei hält er eine An- 
sprache, worin er sagt: Ich weiß, was meine Mitbürger von mir erwarten, 
und ich bin froh, Euch sagen zu können, daß kein Unterschied in den An- 
sichten der großen Führer besteht, mit denen zu beraten ich die Ehre habe. 
Die Aufgabe, die Friedensurkunde vorzulegen, ist Amerika zugefallen, eine 
Aufgabe, die umso leichter ist, als die beteiligten Völker diese Urkunde an- 
genommen haben. Die ganze Welt weiß schon jetzt, daß die Völker, die am 
Kriege teilnahmen, bereit sind, das Werk zu vervollständigen, nicht nur zur 
Geltendmachung ihrer eigenen Interessen, sondern auch zur Schaffung eines 
auf den dauernden Grundlagen von Recht und Gerechtigkeit gegründeten 
Friedens. Da der Krieg ein Krieg der Völker war, muß auch der Friede 
ein Friede der Völker sein. Nichts darf vernachlässigt werden, um die durch 
den Krieg entstandenen Fragen zu regeln. 
26. Dez. (Kammer.) Kriegsverluste. 
Bei der Verhandlung über das Pensionsgesetz gibt Unterstaatssekretär 
Abrami nachstehende Uebersicht über die franz. Verluste bis zum 1. Nov. 
1918 bekannt: Gesamtzahl der Toten, Gefangenen und Vermißten: 42600 
Offiziere, 1789000 Mann. Hiervon sind tot 31300 Offiziere, 1040000 Mann,
	        
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