Italien. (Nov. 3.) 317
wachen. [Eine Zeile Zensur.] Auf seiten der Mittelmächte werden die Inter-
essen wieder darzutun suchen, daß jedes Zugeständnis und jede Wiedergut-
machung unerträgliche Demütigung und znhersten Ruin bedeutet, daß jede
geforderte Anerkennung der Völkerrechte eine Schmach ist, gegen die der
Patriotismus sich erheben muß, indem er den Krieg bis zum letzten Bluts-
tropfen der Völker fortsetzt. Arbeiter! Jetzt ist eure Stunde gekommen, die
Stunde des Friedens, den die Völker zu bringen haben. Die Arbeiter und
Bauern, die einzigen, die keine Verantwortung am Kriege tragen, die sich
stets über dem Streit der entfesselten Imperialismen hielten, und die einen
möglichst schnellen, einen möglichst wenig unbilligen Frieden wollen, treten
auf, um die Hindernisse, Tücken, Gefahren, Zweideutigkeiten, Verzögerungen
zu bekämpfen, die die Regierungen und bürgerlichen Parteien von allen
Seiten dem werdenden Frieden entgegenzustellen suchen. Ueber jedes sich
erhebende neue Hindernis können die Arbeiter ein leidenschaftsloses Urteil
ohne Haß fällen, ein Urteil, das für alle den Grundsatz der gleichen Be-
handlung und der Gegenseitigkeit der Verpflichtungen und Garantien fordert,
einen Grundsatz, der auch zwischen Sieger und Besiegten zu gelten hat.
Aber Frieden, echter, dauernder Frieden muß sein, nicht einfacher Waffen-
stillttand, der neue künftige Kriegs-- und Revanchevorbereitungen schafft.
Arbeiter! Indem wir wahre Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen
und völliges Verschwinden der Ursachen der wirtschaftlichen Konflikte nur
vom Sozialismus erwarten, erklären wir, daß die von Wilson aufgestellten
Prinzipien, auf die sich anscheinend die Mittelmächte bei ihrer Friedens-
und Waffenstillstandsforderung beziehen, in ihren allgemeinen Linien die
geeignetst Grundlage für die Beendigung des Krieges enthalten. Offen-
undig ist auch ihre Uebereinstimmung mit wichtigen Interessenforderungen
des internationalen Proletariats, wie Abschaffung der Geheimdiplomatie,
internationale Abmachungen über Beschränkung der Rüstungen zu Wasser
und zu Lande, Handels- und Schiffahrtsfreiheit, Völkerbund usw. Wenn
auch das sozialistische Proletariat keine Verantwortung für die zukünftigen
Friedensformeln übernehmen will, so fordert es doch auf der von Wilson
gezogenen Friedenslinie die Regierungen und Parteien auf, das Minimum
von Aufrichtigkeit der großen Versprechungen der Verbandsregierungen zu
erfüllen, zumal weil die eifersüchtigen Revendikationen und strategischen Be-
sorgnisse, denen man in den Jahrhunderten Ströme von Blut opferte, fast
alle Bedeutung verlieren, wenn einmal die Prinzipien der Ordnung und
allgemeinen Sicherheit im internationalen Leben der Staaten angenommen
sind. Arbeiter! Es schlägt die Stunde der Entscheidung. Der von uns seit
vier Jahren so heißersehnte Friede ist auf dem Wege. Aber der Takt seines
Schrittes hängt stark von euch, eurer Weitsicht, eurer Energie ab. Ihr müßt
unter dem Banner der sozialistischen Partei alle Kräfte eurer wirtschaftlichen
und politischen Organisationen sammeln und in Aktion treten lassen, um
die Hindernisse, die sich seinem Schritt entgegenstellen können, zu überwinden,
um den Velleitäten des Imperialismus, die seinen Gang verzögern können,
zu begegnen. Das ist das Programm, das ihr in dieser Stunde unter den
Genossen verbreiten müßt, im Gedanken an die, die sich an der Front
opfern, und die zu Millionen und Millionen auf dem Felde gefallen sind.
Verbindet euch mit dem ganzen internationalen Proletariat, das mit seinem
brennenden Wunsch den Frieden beschleunigt; denn es beschleunigt die
Wiedervereinigung aller Arbeiter zu ihrem eigentlichen Kampfe für die Be-
freiung der Welt aus der kapitalistischen Knechtschaft.
3. Nov. (Padua.) Abschluß des Waffenstillstandes mit OÖster-
reich-Ungarn.