Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

322 gtalien. (Nov. 20.—27.) 
arden. Der Notenumlauf erreicht 10 883 Mill., denen 1978 Mill. Metall- 
reserven (322 Mill. mehr als bei Kriegsausbruch) gegenüberstehen. Die im 
In-- und Ausland bezahlten Kriegskosten sind bisher auf ca. 59 Milliarden 
gestiegen, die Staatsschuld auf etwas über 63 Milliarden, davon 14 gegen- 
über den verbündeten Ländern. N. wirft sodann einen Rückblick auf die 
Maßnahmen zur Hebung der Finanzen nach der schweren Depression infolge 
der Katastrophe von Karfreit. Durch hohe Zeichnung der Anleihe hob sich 
das Vertrauen des Publikums wieder, eine technische Kommission regelte 
die Ankäufe im Ausland, Abmachungen über den Wechselkurs hoben diesen, 
der unter den österr. gesunken war, seit Juni wieder erheblich. Hauptprinzip 
war, unnötige Einfuhr zu verhindern. Die gemachten Erfahrungen müssen 
für die Uebergangswirtschaft genutzt werden, das private hinter dem öffent- 
lichen Interesse auch weiterhin zurückstehen. Die Preise werden mit ver- 
mehrter Sicherheit des Handels sinken und die Regierung muß diese Be- 
wegung unterstützen durch billige Lieferung von Rohstoffen und Erleichterung 
der Transporte. Neue Mehrkosten des Staates sind unbedingt zu vermeiden. 
Schon jetzt betragen die jährlichen Ausgaben für Pensionen usw. 700 Mill., 
die Ausgaben für nicht durch den Krieg veranlaßte soziale Zwecke vom 
1. Juli 1918 bis jetzt übersteigen bereits 3 ½ Milliarden. Das Haupt- 
augenmerk ist auf Steigerung der Produktion zu richten, im Ausland dürfen 
nur die notwendigen Rohstoffe und Lebensmittel gekauft werden. Der Noten- 
umlauf ist auf das Notwendige beschränkt worden, er bleibt mit wenig über 
12 ½ Milliarden erheblich hinter dem der anderen kriegführenden Länder 
zurück. Neue Emissionen müssen vermieden werden. Die Arbeiter haben sich 
in den Kriegsbetrieben große Verdienste erworben, aber sie dürfen auch die 
der Bauern und Kleinbürger an der Front nicht verkennen, und wenn ihre 
Löhne jetzt zurückgehen, müssen sie bedenken, daß sie im Krieg erheblich 
mehr als in Friedenszeiten verdient haben. Für Arbeitslosigkeit ist jedoch 
ein großer Fonds bereitgestellt, den Soldaten wird als Uebergang die Kriegs- 
unterstützung noch einige Monate weitergezahlt. Binnen kurzem wird die 
große Nationalstiftung für Kriegsteilnehmer mit einem Kapital von 300 Mill. 
ins Leben treten, von denen 60 Mill. aus öffentlichen Sammlungen stammen. 
Auch die Gewinne des National-Versicherungsinstituts werden der Stiftung 
zugeführt werden. Der Minister schließt mit einem Appell an das Solidari- 
tätsgefühl aller Klassen. 
Am 27. erklärt Ministerpräsident Orlando in seinem Schlußwort: 
Man hat an uns die Frage gerichtet, ob die Regierung die Grundsätze 
Wilsons annehme. Ich wiederhole, daß die ital. Regierung sich bei ihren 
Werken von diesen Grundsätzen leiten ließ und auch fernerhin sich wird 
leiten lassen. Man hat von dem Prinzip „Weder Sieger noch Besiegte“ 
gesprochen. Dieser Grundsatz wird nicht angenommen werden; der besiegte 
Imperialismus muß als solcher behandelt werden: Die Verträge Italiens 
werden auf einer Friedenskonferenz als internationale Abmachung behandelt. 
Italien hat niemals imperialistische Ziele noch Unterdrückungsabsichten ge- 
hegt. Die ital. Pläne sind nicht verändert, weil Italien den Sieg errungen 
hat. Die internationalen Abmachungen, die von einer zweifellos schlecht 
unterrichteten Seite als ein imperialistisches Dokument denunziert werden, 
stellen im Gegenteil einen Ausgleich dar, wobei z. B. Italien durch diese 
Verträge auf Städte und Gebiete verzichtet, deren ital. Charakter von 
niemandem verkannt werden kann (gemeint ist Fiume). Gerade bei dieser 
Gelegenheit hat Italien gezeigt, daß es die Zweckmäßigkeit eines notwendigen 
Ausgleichs nicht verkenne. O. schließt: Die Aufgabe der gegenwärtigen Legis- 
latur ist erfüllt. An dem Land ist es, zu sprechen. Unsere tapferen Soldaten, 
die sich geschlagen und uns den Sieg gebracht haben, werden ebenfalls sprechen.
	        
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