Ichweiz. (Juni 19.—Juli 28.) 335
Die „Schweiz. Dep.-Ag.“ meldet: Da dem Bundesrat zur Kenntnis ge-
kommen ist, daß auf die Behauptungen des Genfer Blattes „La Suisse“ hin,
wonach der deutsche Militärattaché Major von Bismarck, sowie der deutsche
Gesandte, Frhr. von Romberg, an dem Spionagefall Tockus gegen die Schweiz
beteiligt seien, von gewisser Seite die Initiative ergriffen wurde zur Unter-
schriftensammlung zwecks Abberufung des deutschen Gesandten und des
Militärattachés, hat er beschlossen, die Durchführung der Petition auf Ab-
berufung der beiden Herren zu verbieten.
19. Juni. (Bundesversammlung.) Verhältniswahl für den
Nationalrat.
Nachdem bereits der Ständerat das von der soz. und der kath.-konf..
Partei unterstützte Volksbegehren auf Einführung der Verhältniswahl
für den Nationalrat dem Volk mit 20 gegen 18 Stimmen zur Ablehnung
empfohlen hat, lehnt auch der Nationalrat den Intiativantrag mit 78
gegen 71 Stimmen bei 7 Stimmenenthaltungen ab. Die Volksabstimmung
über dieses Begehren findet am 13. Okt. (s. dort) statt.
12. Juli. (Bundesrat.) Gegen revolutionäre Umtriebe.
Der Bundesrat beschließt, den Kantonsregierungen Mittel in die Hand
zu geben, um den in letzter Zeit systematisch sich ausbreitenden Bestrebungen
zur Revolutionierung der Schweiz entgegenzutreten.
15. Juli. (Bern.) Gründung der im deutsch.-schweiz. Wirt-
schaftsabkommen (s. S. 333) vorgesehenen schweiz. Treuhandstelle.
Diese Kontrollorganisation soll Deutschland gegenüber die gleiche Auf-
gabe erfüllen wie die S. S. S. gegenüber der Entente. Zum Präsidenten
wird Nationalrat Dr. Spahn (Schaffhausen) ernannt.
23. Juli. (Bundesrat.) Schaffung eines Strafgesetzbuches.
Der Bundesrat veröffentlicht den Entwurf eines schweiz. Straf-
gesetzbuches und begleitet ihn mit einer Botschaft an die Bundesversamm-
lung. Der Bundesrat betont darin, daß die Beratung des Gesetzeswerkes,
das bereits im Jahre 1898 vom schweiz. Volk grundsätzlich beschlossen wurde,
nicht länger aufgeschoben werden könne. Gerade mit Beendigung des Krieges
werde, wie die Erfahrung lehre, ein starkes und andauerndes Anschwellen
der Verbrechen eintreten. Die Vorlage ist, wie der Bundesrat sagt, ein
Werk nationaler Einigung, kein Werk der Zentralisation. Die Kantone, weit
davon entfernt, in ihrer Betätigung eingeschränkt zu werden, erhalten Auf-
gaben zugeteilt, durch deren Lösung unter Beihilfe des Bundes sie sich un-
mittelbar an der Förderung der höchsten Kulturaufgaben beteiligen können.
Das Strafgesetzbuch enthält 424 Artikel.
27.—28. Juli. (Basel.) Kongreß der Schweizer Arbeiter.
Den Mittelpunkt der Verhandlungen bildet die Aussprache über die
ablehnende Haltung des Bundesrats zu den unlängst aufgestellten politischen
und wirtschaftlichen Forderungen der Arbeiterschaft. Darüber wird mit
277 gegen 4 Stimmen von 329 folgender Beschluß gefaßt: Der Arbeiter-
kongreß, einverstanden mit den vom Oltener Aktionskomitee aufgestellten,
unterm 22. Juli 1918 an den Bundesrat gerichteten Forderungen, erklärt
die Antwort des Bundesrats als in jeder Beziehung ungenügend. Er be-
auftragt das Aktionskomitee, sofort mit dem Bundesrat in nochmalige Ver-
handlungen einzutreten, um positive Zugeständnisse zu erlangen. Das Akions-
komitee erhält den Auftrag, im Einvernehmen mit dem Föderativverband
des eidgen. Personals auch die Forderung dieses Personals vor dem Bundes-