346 Belgien. (März 25. April 8.)
Namen eingegangenen Versprechungen verleugnen werde, und es behalte
sich im Vertrauen auf die Ehre und Treue des russ. Volkes vor, die Er-
füllung von Verpflichtungen von ihm zu fordern, die ihrem Wesen nach
von innerpolitischen Veränderungen unabhängig seien.
25. März. Selbständigkeitsbestrebungen der Wallonen.
Der „Nordd. Allg. Ztg.“ wird aus Brüssel gemeldet: In einem in der
belg. Presse erschienenen Aufruf an das wallonische Volk fordert der „Aus-
schuß zur Verteidigung von Wallonien" die Wallonen zum Beitritt
zu dieser neugegründeten Vereinigung auf. Der Aufruf weist unter Be-
rufung auf das Selbstbestimmungsrecht darauf hin, daß nach den wichtigen
Vorgängen in Flandern ein rassenmäßiger und politischer Unitarismus in
Belgien unwiederbringlich dahin sei. Die Wallonen wollten den belg. Staat
als solchen erhalten, aber nicht in der Form eines unmöglichen belg. Ein-
heitsstaates, der auf die Vorherrschaft der einen über die andere Rasse sich
stütze. Belgien könne seine Zukunft nur sicher stellen auf Grund einer das
gute Zusammenleben erst ermöglichenden Einigung der beiden Völker, die
auf deren gegenseitiger Unabhängigkeit beruhe. Der Aufruf schließt: „Es
lebe das freie Wallonien in einem unabhängigen Belgien!“
8. April. Einsetzung deutscher Gerichte.
Im Hinblick auf den Richterstreik (s. 8. Febr.) erläßt General-
gouverneur Frhr. v. Falkenhausen folgende Bekanntmachung: Seit
3½ Jahren haben unter meinem und meiner Vorgänger Schutz die bel-
gischen Gerichte im ganzen Lande unabhängig Recht sprechen können. Dem
Appellationshof zu Brüssel blieb es vorbehalten, sein Amt zu einer politi-
schen Kundgebung zu mißbrauchen, und mich dadurch zu nötigen, seinen
Mitgliedern die weitere Tätigkeit zu untersagen. Diese Tatsache haben
andere belgische Gerichte unter Führung des Kassationshofs zum Anlaß ge-
nommen, ihre Tätigkeit einzustellen. Die Folgen einer solchen, das Gemein-
wohl gefährdenden Handlungsweise wird die Bevölkerung zu tragen haben.
Gemäß Art. 48 der Haager Landkriegsordnung habe ich die Einrichtung
deutscher Gerichte angeordnet, deren Aufgabe es sein wird, die öffentliche
Ordnung und Sicherheit aufrecht zu erhalten. Bis diese in Tätigkeit treten,
werden die militärischen Befehlshaber auf Grund des § 18 Abs. 3 der kaiser-
lichen Verordnung v. 28. Dez. 1899 gegen Verbrechen und Vergehen einschreiten.
Am 24. werden durch gemeinsame Verordnungen des Generalgouver--
neurs und des Generalquartiermeisters für Flandern und Wallonien deutsche
Gerichte (Bezirksgerichte) für Zivil- und Strafsachen eingesetzt.
Zu dieser Angelegenheit wird am 9. Juni aus Havre amtlich gemeldet:
Die belg. Regierung hat an die Regierungen der alliierten und neutralen
Länder einen Protest gerichtet gegen die willkürlichen Maßnahmen, die die
deutschen Behörden in Belgien hinsichtlich der Rechtsprechung getroffen haben.
Der Protest sagt: Die belg. Regierung muß sich dagegen auflehnen, daß
auswärtige Rechtskorporationen gegründet werden und arbeiten und daß
Mitglieder der belg. rechtlichen Macht unter Umständen, die eine flagrante
und ernstliche Verletzung der internationalen Abkommen bilden, deportiert
werden, sowie daß deutsche Gesetze in Belgien angewandt werden. Die Re-
gierung lenkt ebenfalls die Aufmerksamkeit der Neutralen auf die Tatsache,
daß Beschlüsse der jetzt in Belgien anwesenden deutschen Rechtskorporationen
in Strafprozessen oder Zivilangelegenheiten laut Prinzip des Völkerrechts
nicht als Basis für irgendwelche Rechtstaten im Auslande dienen können.
Das „WIB.“ bemerkt dazu (am 15.): Die belg. Regierung behauptet,
die Errichtung deutscher Gerichte im besetzten Belgien verstoße gegen die
Haager Konvention. Dieser Erklärung gegenüber muß wiederholt in der