Belgien. (Sept. 1. 19.) 349
waltungsgebiet werden die ordentl. Staatseinnahmen auf 224635000 Fr. ver-
anschlagt, die Staatsausgaben ebenfalls auf 224 635000 Fr. Für das wallon.
Verwaltungsgebiet schließen Einnahmen und Ausgaben mit 124300000 Fr.
ab. Für Flandern werden im Justizetat verausgabt 29386 900 Fr., für
Wallonien 16008 500 Fr. Im Ministerium für Kunst und Wissenschaft,
dem der Unterricht untersteht: in Flandern 35 338. 000 Fr., in Wallonien
26286 400 Fr. Für das Ackerbauministerium sind vorgesehen: für Flandern
23250 400 Fr., für Wallonien 7187850 Fr. Für das Finanzministerium
bucht Flandern 91862 400 Fr., Wallonien 47269750 Fr. und für das Mini-
sterium des Innern Flandern 10393000 und Wallonien 2980 200 Fr.
1. Sept. Schulverordnung für Flandern.
Die vom Generalgouverneur am 4. Juli vollzogenen Schulverordnungen
für Flandern treten in Kraft. Darnach muß u. a. vom Beginn des Schul-
jahres 191819 ab der gesamte niedere Unterricht der öffentlich unterstützten
Schulen Flanderns in der „niederländ. Landessprache“ stattfinden.
19. Sept. Der Friedensfühler des Grafen Törring.
Das „We.“ meldet aus Bern: Aus Le Havre wird amtlich gemeldet:
Der belg. Minister für die Ausw. Angelegenheiten teilt folgendes
mit: Die belg. Regierung hat auf indirektem Wege Mitteilungen erhalten,
die sie über die Absichten Deutschlands hinsichtlich Belgiens aufgeklärt haben.
Diese Mitteilungen sind von Bern dem Minister des Ausw. übermittelt
worden, der sie sofort zur Kenntnis der alliierten Regierungen gebracht
hat. Die belg. Regierung hat keinen formellen Vorschlag erhalten, der direkt
von der kaiserlichen Regierung ausgeht. Aus den erhaltenen Mitteilungen
geht hervor, daß die Absichten Deutschlands darin bestünden, von Belgien
zu fordern, daß es sich verpflichte, die Sprachenfrage in einer mit der
kaiserlichen Politik übereinstimmenden Weise zu lösen, und somit auf das
mit seiner Souveränität innig verbundene Recht verzichte, den frei geäußerten
Wünschen und Interessen des belg. Volkes entsprechend eines der Probleme
seiner inneren politischen Organisation zu regeln. Deutschland würde auch
die Amnestie für jene Bürger verlangen, die schuldig sind, die Pläne des
Feindes unterstützt zu haben, und würde somit der belg. Regierung einen
Akt von Unterwürfigkeit auferlegen. Deutschland würde auf Aufrechterhaltung
der früheren Handelsverträge nach dem Kriege dringen, die infolge der Zer-
störung der belg. Industrie durch die Eroberer die deutsche wirtschaftliche
Vorherrschaft sicherstellen würden. Andererseits wird die Theorie des Faust-
pfandes nicht aufgegeben. Deutschland würde tatsächlich darauf bestehen,
das Schicksal Belgiens an die Lösung kolonialer Fragen zu knüpfen. Zu-
letzt wird nicht einmal die Deutschland zufallende Pflicht, die seinem Opfer
ungerechterweise zugefügten Schäden vollständig wieder gut zu machen, er-
wähnt. Deutschland bliebe so an dem Raube, den es an Belgien begangen
hat, bereichert und dessen Ruin wäre vollständig. Es ist ferner hervor-
zuheben, daß die von der Presse verbreiteten Nachrichten in zwei Punkten
ungenau sind. Im Gegensatz zu dem, was gesagt worden ist, erwähnen die
bei der belg. Regierung eingetroffenen Mitteilungen weder eine eventuelle
Einstellung der Feindseligkeiten zwischen Belgien und Deutschland, noch eine
Räumung des belg. Gebietes. Die im vorhergehenden erwähnten Forde-
rungen und Bedingungen überwiegen alle Erklärungen, die die Unabhängig-
keit Belgiens anzuerkennen erscheinen, und machen sie fruchtlos. Sie können
keiner ernsthaften Diskussion als Grundlage dienen. Die belg. Regierung hat
ihr Programm in ihrer Note an den Papst v. 24. Dez. 1917 (s. Gesch Kal. 1917
Tl. 2 S.579 f.) veröffentlicht, im vergangenen Sommer (s. S. 348) formuliert
und wird, wie die alliierten Regierungen wissen, unabänderlich daran festhalten.