Belgien. (Dez. 21.—26.) 357
zug durch Niederländisch--Limburg verweigert worden, so hätte eine große
Anzahl deutscher Truppen gefangen werden können, und es wäre eine
beträchtliche Beute den Verbündeten anheimgefallen. Die niederl. Regierung
den schließlich einen vorbildlichen Fall geschaffen, der unsere Sicherheit
efährdet.
8 r*E teilt das niederländische Ministerium des Aeußern am
16. durch das Haager „Korr.-Büro“ mit, die Behauptung in der Note
der belg. Regierung an die Presse, daß die holländ. Regierung, als sie am
12. November den deutschen Truppen den Durchmarsch durch Limburg
gestattete, sich gleichzeitig geweigert habe, die belg. Internierten ohne vor-
herige Zustimmung Deutschlands freizugeben, beruhe auf einem Irrtum.
Das von der belg. Regierung erwähnte Schreiben der holländ. Regierung
war eine Antwort auf einen Brief des belg. Gesandten vom 4. Okt. und
stand mit dem am 11. Nov. geschlossenen Waffenstillstand in keinem Zu-
sammenhang.
21. Dez. (Kammer.) Staatsschuld, Militärgesetz.
Im Laufe der Budgetdebatte teilt Ministerpräsident Delacroix mit,
daß die belg. Nationalschuld um etwa 5 Milliarden Franken gestiegen
sei, eine Summe, die von den Alliierten vorgeschossen worden sei. D. fügt
hinzu, Belgien verlange von den Alliierten, die Gewährung von Vorschüssen
fortzusetzen, um dem Lande die Möglichkeit zu geben, die Ausgaben für
die nationale Verteidigung bestreiten zu können.
Die Kammer nimmt hierauf einstimmig einen Entwurf an, wonach
das Heereskontingent mit 350000 (gegen 180000) Mann auf Kriegs-
fuß und 100000 (gegen 48000) Mann als Friedensstand festgelegt wird.
Dabei führt Abg. Delporte (Soz.) aus, die sozialistische Linke habe dies-
mal das Kontingent bewilligt, weil das Land sich noch im Kriege befinde
und weil das alte Regime abgestellt sei. Seine Partei hoffe jedoch, daß
im Frieden die Militärdienstzeit werde vermindert werden.
21. Dez. Entlassung der Aktivisten.
„Allgemeen Handelsblad“ meldet aus Brüssel, daß der Ministerrat
beschlossen hat, die Aktivisten, die politisch aufgetreten sind, sofort aus dem
Staatsdienste zu entlassen und ihnen ihre Auszeichnungen zu entziehen.
Jene Beamten, deren Verhalten zweifelhaft war, werden vor eine Unter-
suchungskommission gestellt werden.
23. Dez. Der Ministerrat nimmt unter dem Vorsitz des Königs
die Wahlreformvorlage, durch die das allgemeine Wahlrecht ein-
geführt wird, an.
25. Dez. Der belg. Gesandte in Paris und der franz. in Brüssel
wurden zu Botschaftern ernannt. (Tel.-U.)
25.—26. Dez. (Brüssel.) Kongreß der belg. Soz.
Anwesend sind etwa 1000 Delegierte. Bei Besprechung der inneren
Parteipolitik verliest Minister Vandervelde den Bericht über die öffent-
liche Lage und wiederholt, unter welchen Bedingungen der Generalrat die
Mitwirkung von Parteidelegierten im Einigungsministerium gebilligt habe,
insbesondere das allgemeine Wahlrecht, die Abschaffung von Artikel 310
des Strafgesetzbuches, das Recht der Syndizierung für alle Polizeiagenten,
die Mitwirkung der Parteidelegierten am ökonomischen Wiederaufbau des
Landes. Der Minister gibt sodann Kenntnis vom Programm der Regierung,
das ein Programm der Einigung sei. Bei der Abstimmung über die Teil-