406 Kußland. (Jan. 2. 3.)
XVII.
Rußland.
2. Jan. Russ. Vorschlag betr. Verlegung der Friedensverhand-
lungen nach Stockholm.
Näheres s. in dem besonderen Abschnitt am Schluß des Kalendariums.
2. Jan. (Estland.) Erweiterung des Gebietes.
Das Estnische Bureau in Stockholm teilt mit: Durch Verfügung der
Petersburger Regierung ist Narwa, die frühere Hauptstadt Ingermanlands,
dem Gebiete Estlands angegliedert worden. Sofortige Maßnahmen zur Ver-
waltungszentralisation der bisher nicht zusammenhängenden Ortschaften von
Narwa, Iwangorod, Joachimsthal und Kränholm nebst ihrer Teilnahme
an den Wahlen zur estnischen Nationalversammlung sind angeordnet worden.
Damit hat die estnische Grenze den Narowafluß überschritten.
3. Jan. Vorschlag an die ukr. Rada betr. Verhandlungen.
Die „Petersb. Tel.-Ag.“ verbreitet eine an die ukr. Rada gerichtete
Note, worin es heißt: Angesichts der Tatsache, daß der Rat der Volks-
kommissare überall und absolut das Unabhängigkeitsrecht aller Nationen
einschließlich der ukr. anerkannt hat, weiter jeden Versuch billigt, einen Krieg
mit der Rada zu vermeiden, wenn diese den gegenrevolutionären Charakter
der Tätigkeit Kaledins anerkennen und dessen Bekriegung nicht behindern
würde, hält es der Rat der Volkskommissare für durchaus wünschenswert,
in Besprechungen über die mit der Rada schwebenden Fragen einzutreten,
um alle aus der Politik der Rada hinsichtlich der allgemeinen Front und
der gegenrevolutionären Erhebung Kaledins fließenden Verwicklungen zu
beseitigen. (S. auch S. 407 f.)
3. Jan. (Petersburg.) Der engl. Botschafter Sir George
Buchanan kehrt wegen Krankheit nach England zurück. („Reuter“.)
3. Jan. (Litauen.) Unabhängigkeitserklärung.
Das „WTB. “ teilt mit: Der Oberste Litauische Nationalrat in der
Schweiz, der von den sämtlichen litauischen Organisationen in Litauen selbst,
Rußland, Amerika und der Schweiz als oberste Vertretung des lit. Volkes
eingesetzt ist, hat soeben folgenden Beschluß gefaßt: In Erwägung, 1. daß
L. vom 13. bis 18. Jahrh. unabhängig gewesen ist, 2. daß L. nach seiner
gewaltsamen Einverleibung in Rußland nie aufgehört hat, seine Unabhängig-
keit zu fordern, selbst mit Waffengewalt in den Jahren 1830, 1863 und
1905, 3. daß L. 120 Jahre lang durch das Zarentum schimpflich unter-
drückt und mißhandelt worden ist und daß nach der Revolution die Prov.
Regierung selbst seinen nationalen Ansprüchen keinerlei Rechnung getragen
hat, obwohl sich L. der Prov. Regierung unmittelbar nach ihrer Einsetzung
angeschlossen hat (Erklärung vom April 1917), 4. daß gegenwärtig der
größere Teil L.s von den Deutschen besetzt ist, daß ganz Rußland kraft der
durch die letzten Ereignisse geschaffenen neuen Lage sich in der Unmöglichkeit
sieht, seine Rechte und Pflichten gegenüber dem lit. Volk wahrzunehmen,
daß andererseits das lit. Volk, trotz der ein Jahrhundert lang ertragenen
Unterdrückung bis zum heutigen Tage nie aufgehört hat, seinen Verpflich-
tungen gegen den russ. Staat loyal nachzukommen, beschließt der Oberste
Lit. Nationalrat als Träger und getreuer Wächter der höchsten Interessen
des Landes: 1. Das lit. Volk betrachtet sich schon jetzt aller Bande gegen