42 Nie dserreichisch- ungarische Menarchie und die Nachsolzestsalen. (Juli 15.—19.)
Autonomie zur Durchführung bringen; so entstanden die Verordnungen
über die Kreiseinteilung in Böhmen (s. S. 33 f.). Wenn in dem Umnande,
daß die Regierung von dem so lange und geduldig angestrebten Einver-
nehmen der Nationen endlich absah, die Andeutung eines deutschen Kurses
erblickt wird, so liegt es mir fern, dem entgegentreten zu wollen, denn
wenn es einen politischen Kurs in Oesterreich gibt, so kann es nur ein
solcher sein, daß den berechtigten Interessen des deutschen Volkes Schutz
gewährt wird. In Oesterreich läßt sich nicht gegen die Deutschen, eben-
sowenig ohne die Deutschen regieren, das gilt für jede Regierung. Es ist
ein kaum verständlicher Irrtum, wenn vielfach angenommen wird, der
Zusammenschluß nichtdeutscher Parteien könne an sich zur Majoritätsbildung
führen. Das Rückgrat dieses vielgestaltigen Staates ist nun einmal das
deutsche Volk und wird es immer bleiben. Die Regierung ist enischlossen,
#an dem eingeschlagenen Kurs festzuhalten und sich in seiner weiteren Ver-
folgung nicht beirren zu lassen. Für jene Parteien, die heute abseits stehen,
bleibt die Tür einer Verständigung stets weit geöffnet. Ueber dieser Tür
aber steht geschrieben: Willkommen alle, die treu zur Dynastie, treu zum
Staate halten! In dieser Stellungnahme liegt selbstverständlich nicht die
geringste Gehässigkeit gegen andere Volksstämme. Die Deutschen Oesterreichs
verlangen mit vollem Recht lediglich Anerkennung der Grundsfätze, daß unter
den gleichberechtigten Nationalitäten dem deutschen Volke die ihm nach seiner
Geschichte und Kultur gebührende Stellung gewahrt werde. Die Deutschen
Oesterreichs fordern für sich nicht mehr, als in Ruhe leben und in Ruhe
sich entwickeln zu können. Bezüglich der Verhältnisse Galiziens tritt der
Ministerpräsident der Behauptung entgegen, daß die gegenwärtige Regierung
den Lebensbedingungen des poln. Volkes ohne Interesse gegenüberstehe und
die dem Polenklub seinerzeit gemachten Zusagen nicht erfülle Die Regierung
werde sich bestreben, auch in Galizien dem nationalen Bedürfnisse der dort
wohnenden Volksstämme volle Gerechtigkeit angedeihen zu lassen. Der
Ministerpräsident erkennt die besondere Wichtigkeit der Fragen der Sozial-
politik an und hebt als eine der wichtigsten sozialen Pflichten der Regierung
und des Parlaments die Erhaltung und Unterstützung des schwer gefähr-
deten Mittelstandes hervor, der durch entsprechende Vorkehrungen vor dem
Zusammenbruch bewahrt werden müsse. Besonders die Lage der Fest-
besoldeten liege der Regierung am Herzen, sie werde nicht unterlassen, durch
Geldaushilsen und durch Organisation von Naturalanweisungen ihm zu
helfen. S. bittet schließlich um Annahme des Budgetprovisoriums und der
Kriegsanleiheermächtigung. Das Haus werde beweisen, daß das Parlament
noch immer der feste Boden sei für Treue zum Staat und zur Verfassung.
S. weist endlich die Behauptung zurück, daß er ein Feind des Parlamentes
sei und auf ein § 14-Regime hinsteuere. Er stellt fest, daß er gerade durch
die letzte Vertagung den Niederbruch des Parlamentarismus vermeiden
wollte und damit dem Verfassungsgedanken zu dienen glaubte. Er wünsche
nur eines, daß das Haus allen Zweislern zum Trotze vollen Beweis der
Arbeitsfähigkeit erbringen und sich selbst erhalten möge.
In der folgenden Debatte bemerkt Abg. Tusar (Tschech. Soz.), die
Ausführungen des Ministerpräsidenten, der sich heute als deutschnationaler
Ministerpräsident vorgestellt habe, seien nur geeignet, neue nationale Kämpfe
hervorzurufen. — Abg. Waldner (Deutschnat.) betont, der Ministerpräsident
sei erst durch das Verhalten der slawischen Parteien zum deutschen Minister-
präsidenten geworden, als der er sich heute in Sätzen bekannt habe, wie sie
monumentaler und erquickender noch nie aus dem Munde eines österr.
Ministerpräsidenten gekommen sind. — Abg. Dr. Ellenbogen (Deutsch. Soz.)
erklärt bezüglich der österr.-poln. Lösung, daß die Soz. gegen jede Lösung