Ukraine. (Nov. 26. Dez. 13.) 497
binski, Religionswesen: Woronowitsch, Verweser des Verkehrswesens:
Landsberg.
Die Erklärung des neuen Ministerrats enthält die Forderung der
Wiederherstellung des föderativen Rußlands unter Sicherstellung der staat-
lichen und nationalen Eigenart der Ukraine, der Festigung der Ordnung
unter Bekämpfung des Bolschewismus, des Erlasses eines Gesetzes über die
Einberufung der Nationalversammlung, der Agrarreform, des Arbeiter-
schutzes, der Freiheit des Handels, der Aufhebung des Getreidemonopols
und der Wiederherstellung des Verkehrswesens. In seiner ersten Sitzung
beschließt der Ministerrat im Prinzip die Gleichberechtigung der russ. und
der ukr. Sprache bei den Regierungsbehörden. — Gleichzeitig weist eine
Botschaft des Hetmans an das ukrainische Volk auf die bevorstehende
Wiederherstellung Rußlands als Föderativstaat hin und erklärt, daß die
Ukraine als Glied in diesen Föderativstaat eintreten werde.
Der vom Hetman vorgenommene Systemwechsel ist eine Folge der
durch das Erscheinen der Entente in Südrußland geschaffenen Lage. Die
neue großrussisch orientierte Regierung, die sich hauptsächlich aus rechts-
stehenden Kadetten zusammensetzt, findet jedoch in der Bevölkerung lebhaften
Widerspruch, insbesondere wird sie von dem ukr. Nationalbund, der alle
linksstehenden Parteien umfaßt, rundweg abgelehnt. Unter der Leitung
von Winnitschenko bildet sich in Bjelazerkow eine Gegenregierung, das
Direktorium, welches den Gedanken eines völlig selbständigen demo-
kratischen Staates Ukraine unter Zusammenschluß mit den galizischen Ukrainern
vertritt und mit allen Mitteln den Kampf gegen die neue Regierung aufnehmen
will. Diesem Direktorium schließen sich einige ukr. Truppenteile an, welche
durch Freiwillige, insbesondere Bauern, Zuzug erhalten. Führer der Armee
dieser Gegenregierung ist Petljura, der in der Zentralrada Kriegsminister
war, dann wegen Umtriebe gegen die Hetmanregierung in Haft genommen
wurde. Die Truppen der Gegenregierung besetzen die wichtige Bahnstation
Fastow und beginnen den Vormarsch gegen Kiew. Ein Erlaß des Hetmans
überträgt den Oberbefehl über alle Truppen in der Ukraine dem General
Grafen Keller (Ende Nov. ersetzt durch GLt. Fürst Dolgorukow) und
erklärt das Gesamtgebiet der Ukraine als Kriegsschauplatz.
Der deutsche S.-Rat in Kiew beschließt, bei den bevorstehenden
Kämpfen außerhalb Kiews Neutralität zu wahren. Die Ententemächte lassen
aber durch ihren Vertreter in Odessa Henot den deutschen Geschäftsträger
in Kiew wissen, daß sie die Aufrechterhaltung der durch den Hetman ge-
schaffenen Staatsordnung wünschen und die deutschen Truppen für verpflichtet
erachten, die Ordnung und Ruhe im Lande aufrechtzuerhalten.
26. Nov. (Odessa.) Im Hafen trifft ein Ententegeschwader ein.
Weitere engl. Geschwader treffen in Sewastopol und Noworossijsk ein.
Der erwartete Vormarsch der Ententetruppen zur Unterstützung der
Hetmanregierung und der Freiwilligenarmee des Generals Denikin (s. S. 478)
findet jedoch nicht statt.
13. Dez. Neutralitätsvertrag zwischen dem deutschen Ober-
kommando und dem Direktorium.
Bereits am 2. Dez. wird in Fastow zwischen dem deutschen Ober-
kommando und den Truppen des Direktoriums ein Waffenstillstands-
vertrag geschlossen; trotzdem kommt es zu Kämpfen zwischen ukr. und den
in Abtransport befindlichen deutschen Truppen. Um den immer drückender
werdenden unklaren und unsicheren Verhältnissen in der Ukraine ein Ende
zu machen, die Stadt Kiew vor einer Hungersnot zu schützen und den
Europäischer Geschichtskalender. LIX#1 32