Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

550 LVerbien. (Nov. 24.—Dez. 1.) 
bitsch, der Vorsitzende des südslaw. Komitees von London, als amtlicher 
Vertreter des Komitees des südslaw. Rates bei den Regierungen der Al- 
liierten so lange anerkannt werde, bis ein gemeinsames Organ zur Ver- 
tretung Serbiens und des neuen in Agram gebildeten Staates geschaffen 
sein wird. Paschitsch hat eingewilligt, die Regierungen der Allüierten sofort 
von dem Inhalt dieser Note zu benachrichtigen und sie seinerzeit zu unter- 
stützen. Einmütig und mit großer Begeisterung hat die Konferenz die Grün- 
dung der gemeinsamen Regierung des Staates der Serben, Kroaten und 
Slowenen verkündet. Sie hat gleichfalls proklamiert, daß im Innern des 
Gebietes der Serben, Kroaten und Slowenen keine politischen oder Zoll- 
schranken mehr bestehen sollen. Für den Augenblick wird die Organisation 
der Regierung und der Verwaltung, wie sie in den verschiedenen südflaw. 
Ländern einschließlich Serbiens geschaffen worden ist, aufrecht erhalten werden. 
24. Nov. Der Südslaw. Nationalrat in Agram proklamiert die 
Vereinigung des Staates der Südslawen mit dem Königreiche Serbien 
und Montenegro. (Näh. s. S. 114 f.) 
25.Nov. Ministerpräsident Paschitsch reicht sein Rücktrittsgesuchein. 
Das Rücktrittsgesuch ist dadurch veranlaßt, daß die serb. Regierung den 
von P. in Genf getroffenen Vereinbarungen (s. o.) die Zustimmung versagt 
hat, da diese Vereinbarungen die föderalistische Grundlage angeblich zu stark 
betonten. Für die Vereinigung des gesamten Volkes der Slowenen, Kroaten 
und Serben ist demnach nur der Beschluß des Südslaw. Nationalrates v. 
24. Nov. (s. o.) maßgebend. 
30. Nov. Neubildung des Kabinetts. 
Das Kabinett wird folgendermaßen neugebildet: Präsidium: Paschitsch, 
Finanzen: Nazarewitsch, Inneres: Trifkowitsch, Oeffentliche Arbeiten: 
Nunowitsch, Krieg und Uebergangswirtschaft: Dr. Jankowitsch, Justiz: 
Juritschitsch. Im Ministerium sind alle serb. Parteien vertreten mit Aus- 
nahme der Lib. und Soz. 
1. Dez. (Belgrad.) Proklamation des Südflawischen Staates. 
Zufolge Beschlusses des Zentralausschusses des Südflaw. Nationalrates 
v. 24. Nov. (s. S. 114 ".) proklamiert eine Sonderkommission des National- 
rates in einer feierlichen Adresse an den Kronprinzen Alexander die 
Vereinigung des gesamten Volkes der Slowenen, Kroaten und Serben in 
einen einheitlichen Staat unter der Herrschaft König Peters I. bzw. des 
Kronprinzen Alexander als Regenten. In dem neuen Staat soll sogleich ein 
Ministerium für alle Zweige der öffentlichen Verwaltung gebildet werden 
und eine gemeinsame nationale Vertretung als prov. Legislative ins Leben 
treten, die bis zur Konstituante in Wirksamkeit bleibt. Bis zum Zusammen- 
tritt der Konstituante bleiben alle bisherigen lokalen Regierungen im Amte, 
insoweit die einzelnen Ressorts die einheitliche Kompetenz nicht überschreiten. 
Der Kronprinz übernimmt in feierlicher Thronrede die Regentschaft. Er 
wird die einheitliche Regierung ernennen. Mit diesem Akte erlöschen die 
Funktionen des Nationalrates als der obersten souveränen Macht im Staate 
der Slowenen, Kroaten und Serben auf dem Territorium der ehem. österr.= 
ung. Monarchie. Mit der Bildung des Kabinetts hören auch die Funktionen 
des Nationalrates in administrativer Hinsicht auf, die der Vorstand des 
Nationalrates im Einvernehmen mit der serbischen Regierung besorgen wird. 
Mit dem 1. Dez. 1918 bildet die gesamte Nation der Slowenen, Kroaten 
und Serben den einheitlichen Slowenisch-kroatisch-serbischen Staat 
unter der Regentschaft des Kronprinzen Alexander.
	        
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