52 Bie ßsterreichisch-ungerise Msnarchie und die UAachfolze aate#Ang. 20.— Sept. 7.)
Der Nationalrat, der 52 Mitglieder zählt, soll die nationalen, wirtschaft-
lichen und kulturellen Interessen der österr. Südflawen vertreten und nament-
lich der staatsrechtlichen Bewegung einen neuen Antrieb geben.
Im Anschluß an die Gründung des Nationalrats finden in Laibach
Beratungen statt, zu denen die Allpolen Glombinski, Graf Skarbek, eine
tschechische Abordnung unter Führung von Stanek und Klofac sowie Abg.
des kroatischen Landtags erscheinen. Außerdem sendet der Obmann des
parlament. Polenklubs Tertil an Korosec ein Telegramm, worin es heißt:
Wir können nicht kommen, begrüßen aber herzlich die Brüder.
Als Ergebnis der Besprechungen wird ein Abkommen getroffen, worin
die Interessengemeinschaft der flawischen Völker Oesterreichs in folgender
Weise betont wird: „Geeinigt durch den großen Gedanken des freien Selbst-
bestimmungsrechtes der Völker, geeinigt durch den Wunsch nach Unabhängig-
keit und Freiheit, gemäß den Grundsätzen brüderlicher Gemeinsamkeit, und
überzeugt, daß ihre Bestrebungen nur durch gemeinsame Zusammenarbeit
verwirklicht werden können, beschließen die Vertreter Polens, der Tschecho-
Slowaken und der Südflawen, während dieses gegenwärtigen Weltsturmes
einen dauernden und unlösbaren Bund zwischen den drei flawischen Völkern,
den Polen, Tschecho-Slowaken und Südslawen, zu schließen.“ Ferner wird
beschlossen, einen „Großen Nationalrat der Südslawen“ mit dem
Sitz in Agram zu schaffen, der die Interessen aller Südflawen in Oester-
reich, Ungarn, Bosnien und der Herzegowina vertreten soll. Diesem süd-
slaw. Nationalrat sollen Delegierte des slowen. Nationalrats angehören. Nach
Meldung des Prager Tschechenblattes „Vemsow“ soll die Errichtung des
„Großen Nationalrats“ dem Zeitpunkt vorbehalten werden, wo die Vor-
aussetzungen unter den kroatischen Parteien erfüllt seien.
Dieser Kongreß und seine Beschlüsse stellen eine wohlvorbereitete und
geschickt durchgeführte Kundgebung der Solidarität des gesamten staats-
feindlichen Slawentums Oesterreichs dar. Die Prager „Narodni Politika“
schreibt: Nichts mehr vermag Tschechen und Südslawen, denen sich auch
poln. Abg. angeschlossen haben, zu entzweien. Tschechen, Südflawen und
Polen haben sich in Laibach als Slawendreibund zusammengefunden.
20. Aug. Osterr.-ital. Konferenz. (S. Schweiz.)
27.—28. Aug. Besuch Kaiser Karls in Dresden und München.
3—5. Sept. (Wien.) Antrittsbesuch des Staatssekretärs v. Hintze.
Am 4. wird er von Kaiser Karl empfangen. Nach der am 5 ver-
öffentlichten amtlichen Mitteilung über die während des Besuches geführten
Besprechungen bildete insbesondere die poln. Frage (s. Tl. 1 S. 251) den
Gegenstand gründlicher Erwägung. Aus dem deutschen „Weißbuch“ S. 32 f.
(s. Tl. 1 S. 251) ist jetzt bekannt, daß die Besprechungen vor allem der
Friedensfrage galten, über die eine Verständigung mit Graf Burian
nicht erzielt wurde. Staatssekretär v. Hintze vertrat erneut die deutsche Ab-
sicht, die Friedensaktion durch neutrale Vermittlung und zu einem etwas
späteren günstigeren Zeitpunkte erfolgen zu lassen (etwa 2 Wochen nach
Beendigung der Rückbewegung des deutschen Heeres). Demgegenüber hielt
Graf Burian an seinem Standpunkte fest, sofort einen direkten Appell an
alle kriegführenden Mächte zu richten.
7. Sept. Neuer gem. Finanzminister.
Kaiser Karl enthebt den Minister des Aeußeren Grafen Burian
von der Leitung des gem. Finanzministeriums und ernennt den früheren
österr. Finan zminister Dr. Frhrn. v. Spitzmüller zum gem. Finanzminister.