564 Pereinigte Staaten von Nerdamerihs und Kanada. (Febr. 11.)
was er zu sagen beabsichtigte. Es lag natürlich auch kein Grund vor, warum
er sich persönlich mit mir in Verbindung hätte setzen sollen. Ich bin voll-
ständig zufrieden, einer seiner öffentlichen Zuhörer zu sein. Graf Hertlings
Antwort ist, muß ich sagen, sehr unbestimmt und sehr verwirrend. Sie ist
voll zweideutiger Redewendungen und man weiß nicht, wohin sie führt.
Doch ist sie bestimmt in einem ganz anderen Tone gehalten als diejenige
des Grafen Czernin und verfolgt offenbar einen entgegengesetzten Zweck.
Sie bestätigt leider eher den unglücklichen Eindruck, den wir aus den Be-
sprechungen von Brest--Litowsk gewonnen haben, als daß sie ihn beseitigt.
Seine Erörterung und Annahme unserer allgemeinen Grundsätze führen ihn
zu keinen praktischen Schlüssen. Er weigert sich, sie auf die hauptsächlichsten
Punkte anzuwenden, die den Kern jeder endgültigen Abmachung bilden
müssen. Er ist etwas mißtrauisch gegenüber internationalem Handeln und
internationaler Beratung. Er nimmt, wie er sagt, den Grundsatz der öffent-
lichen Diplomatie an, aber er scheint darauf zu bestehen, daß sie — in
diesem Fall wenigstens — auf Allgemeinheiten beschränkt bleibe, und daß
die verschiedenen Fragen, von deren Erledigung die Annahme des Friedens
durch die dreiundzwanzig jetzt in den Krieg verwickelten Staaten abhängen
muß, nicht in gemeinsamer Beratung, sondern einzeln durch die unmittelbar
durch Interesse oder Nachbarschaft betroffenen Nationen erörtert und ent-
schieden werden müssen. Er pflichtet bei, daß die Meere frei sein sollen,
sieht jedoch mit Mißtrauen auf jede Beschränkung dieser Freiheit durch inter-
nationale, im Interesse der allgemeinen Ordnung getroffene Maßnahmen. Er
würde sich rückhaltlos freuen, die wirtschaftlichen Schranken zwischen Nation
und Nation entfernt zu sehen, denn dies könnte in keiner Weise den Ehrgeiz
der Militärpartei verhindern, mit welcher er gezwungen scheint, gute Be-
ziehungen aufrechtzuerhalten. Ebensowenig erhebt er Einwand gegen eine
Beschränkung der Rüstungen. Diese Angelegenheit, glaubt er, erledigt sich
selbst durch die wirtschaftliche Lage, die dem Kriege folgen muß. Die
deutschen Kolonien dagegen müssen, so verlangt er, ohne jede Verhandlung
zurückerstattet werden. Er will mit niemand als mit den Vertretern Rußlands
darüber verhandeln, welche Verfügungen über die Völker und Länder der
baltischen Provinzen getroffen werden sollen, mit niemand, als mit der
Regierung von Frankreich über die „Bedingungen“, unter welchen das franz.
Gebiet geräumt werden soll, und nur mit Oesterreich darüber, was mit
Polen geschehen soll. Die Lösung aller die Balkanstaaten berührenden
Fragen überweist er, so wie ich ihn verstehe, Oesterreich und der Türkei,
und die Uebereinkommen, die betreffs der nichttürk. Völker des gegenwärtigen
Ottomanenreiches zu treffen sind, den türk. Behörden allein. Nach solchen
Abmachungen, die durch Einzelverhandlungen und Zugeständnisse erzielt
wären, hätte er, wenn ich seine Aeußerungen recht auslege, keinen Einwand
mehr zu erheben gegen einen Bund von Nationen, der es unternehmen
würde, das Gleichgewicht der Mächte gegen äußere Störungen zu sichern.
Es muß jedermann klar sein, der versteht, was dieser Krieg in der Meinung
und Stimmung der Welt angerichtet hat, daß ein allgemeiner Friede (ein
Friede, der diese Jahre unendlicher Opfer und tragischer Leiden wert ist)
unmöglich in solcher Weise erreicht werden kann. Die Methode, die der
deutsche Kanzler vorschlägt, ist die Methode des Kongresses von Wien. Wir
können nicht und wollen nicht dahin zurückkehren. Was jetzt auf dem Spiele
steht, ist der Friede der Welt. Was wir anstreben, ist eine neue internationale
Ordnung, die auf den weitsichtigen und allumfassenden Grundsätzen von Recht
und Gerechtigkeit beruht — nicht ein bloßer Friede von Nähten und Flicken.
Ist es möglich, daß Graf von Hertling dies nicht sieht, dies nicht erfaßt,
und in einer toten und vergangenen Welt lebt? Hat er die Reichstags-