Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

Pereinizte Staaten von Nerdamerihea und Kauads. (Mai 24.—Juni 9.) 577 
Jahrhunderte des Friedens für die Einigung dieser Nation nicht soviel 
hätten tun können, wie dieses eine Kriegsjahr, ja es hat noch Größeres 
geleistet, wenn das möglich ist, es hat die Welt geeint. Betrachten Sie 
solgendes Bild: In der Mitte gegen die ganze Welt vier Nationen, die 
nach jedem Erfolge aufs neue zeigen, daß sie eigensüchtige Ziele der Ver- 
größerung verfolgen. Ihnen gegenüber 23 Regierungen, die den größten 
Teil der Bevölkerung der Erde vertreten, vereinigt in einem neuen Gefühl 
der Gemeinsamkeit der Ziele und der Einheit der Existenz. Freundschaft ist 
das einzige Band, das die Welt zusammenhalten wird, und das große 
Rote Kreuz der Völker, die den Schrecknissen und Entbehrungen dieses 
Krieges ausgesetzt sind, ist infolge seines engen Kontaktes im Begriffe, eines 
der stärksten Freundschaftselemente zu werden, die die Welt jemals gesehen hat. 
Ein Tag großer Pflichten ist angebrochen. Niemand soll sich herausnehmen, 
aus diesem Kriege Gewinn ziehen zu wollen. Es gibt Leute unter uns, die 
dies vergessen haben. Einige unter uns, und auch ich selbst, erinnern uns 
noch, daß im Bürgerkriege Vermögen gemacht wurden, und wir wissen, 
wie diese Leute von unseren Landsleuten angesehen wurden. Zum Schluß 
sordert W. zu freigebigen Spenden für das Rote Kreuz auf, wobei er be- 
merkt, einer der größten Flecken auf der Ehre der deutschen Armee sei die 
Mißachtung des Roten Kreuzes, obwohl die Deutschen sich an der Begründung 
dieser Organisation beteiligt hätten. 
24. Mai. (Kanada.) Vertagung des Parlaments. 
27. Mai. (Kongreß.) Wilson über die Finanzierung des Krieges. 
„Reuter“ meldet aus Washington: Präsident Wilson hielt eine An- 
sprache an beide zu einer gemeinschaftlichen Sitzung versammelten Häuser 
des Kongresses, in der er die Gesetzgeber ersuchte, unverzüglich den neuen 
Kriegssteuerentwürfen Gesetzeskraft zu verleihen. Er erklärte, daß ein 
anderer Weg nicht vorhanden sei, um die Aufgabe der Finanzierung des 
Krieges zu lösen. (Es handelt sich vor allem um Erhöhung der Einkommen-, 
Kriegsgewinn- und Luxussteuer.) 
31. Mai. (Repräsentantenhaus.) Heeresetat. 
Das Haus bewilligt einen Kredit von 12042000000 Dollar für die 
Effektivbestände der Armee im laufenden Jahre. („Reuter"“ bezeichnet diese 
Vorlage als die größte in der Geschichte der Ver. St.) 
4. Juni. Der engl.-amerik. Schiedsgerichtsvertrag v. 1908 wird 
für weitere 5 Jahre erneuert. („Reuter“.) 
5. Juni. Neue Einziehungen. 
Auf Grund des vom Kongreß (s. S 562, 575) angenommenen Gesetzes 
werden eine Million Amerikaner, die eben 21 Jahre alt geworden sind, für 
den Militärdienst eingeschrieben. Gleichzeitig wird die Mobilmachung von 
200000 eingeschriebenen Männern angeordnet. Damit wächst die Zahl der 
bisher nach dem „Selective Service System“ (System der Aushebung durch 
Auswahl) Aufgerufenen auf 1555704 Mann. 
9. Juni. Wilson über die Beziehungen zu Mexiko. 
Präsident Wilson empfängt im Weißen Hause eine Gruppe mexi- 
kanischer Journalisten, die die Ver. St. bereisen, und sagt in einer 
zwanglosen Ansprache, er bedauere, daß man in Mexiko die Haltung der 
Ver. St. gegen das mexik. Volk so schlecht begriffen habe. Amerika hege- für 
den südlichen Nachbar eine aufrichtige Freundschaft, die ihm nicht nur nichts 
Böses antun, sondern vielmehr ihm Dienste erweisen wolle. Dabei gelte 
Europäischer Geschichtskalender. L. IXa. 37
	        
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