588 TVereinizte Staaten von Nordamerika und Kauada. (Sept. 18.—27.)
gemein glaubt man, daß die deutschen und österr. Militärbehörden die
amerik. Antwort als Beweis dafür erklären werden, daß alles Menschen-
mögliche zur Herbeiführung eines Friedens geschehen sei, und daß sie auf
diese Weise das Volk für einen neuen Winterfeldzug moralisch kräftigen
wollen. Andere sprechen von der Möglichkeit eines Verfalles des Vierbundes.
Indem Oesterreich soweit gegangen sei, einen Friedensvorschlag zu machen,
habe es den Weg für den nächsten Schritt, nämlich die vorbehaltlose Unter-
werfung unter Wilsons Bedingungen geebnet.
Weiter meldet „Reuter“ aus New York am gleichen Tage: Die öffentliche
Meinung und die Zeitungen der Ver. St. verwerfen mit einigen Ausnahmen
unzweideutig den österr. Friedensvorschlag. Sowohl die demokr. wie die
republik. Mitglieder des Kongresses stehen der Annahme des österr. Vorschlages
unter den gegenwärtigen Verhältnissen in gleicher Weise ablehnend gegenüber.
18. Sept. (Washington.) Unterzeichnung eines dän.--amerik.
Handelsabkommens.
18. Sept. Heeresetat 1919.
Aus Amsterdam wird der „Köln. Ztg.“ gemeldet: Das amerik. Kriegs-
amt hat dem Kongreß eine Forderung von 7347 Mill. Dollar (rund
25“.500 Mill.) Mk. für das erweiterte Heeresprogramm des nächsten Jahres
unterbreitet.
20. Sept. (Repräsentantenhaus.) Kriegssteuergesetz.
Das Repräsentantenhaus nimmt mit 350 gegen 7 Stimmen das
Kriegssteuergesetz an, das Einnahmen von 8182000000 Dollar vor-
sieht, hauptsächlich in Gestalt von Einkommensteuer (die von 5 auf 12 v. H.
und für Gesellschaften von 6 auf 18 v. H. heraufgesetzt wird, wobei aber
nur 12 v. H. von Dividenden, abgetragenen Schulden und Anlagen in
Freiheitsanleihe bezahlt werden), von Kriegsgewinn-- (20 v. H.) und Mehr-
gewinnsteuer (35 bis 70 v. H.) — diese beiden zusammen sollen 2 Milliarden.
Dollar ergeben —, Getränke- und Tabaksteuer (verdoppelt) und Luxussteuern.
22. Sept. Konferenz der „unterdrückten Nationalitäten“.
„Reuter“ meldet aus Washington: Auf einer vierzehntägigen Konferenz,
die hier zwischen den Vertretern der Tschecho-Slowaken, Polen und Jugo-
slawen abgehalten wurde, wurde Einstimmigkeit über das ganze Problem
der Ziele der unterdrückten Nationalitäten in Oesterreich und Ungarn erreicht
und die Begründung einer neuen Zentralkörperschaft der europäischen Gruppen
(s. 4. Okt.) zum Schutze der Interessen aller angeschlossenen Nationalitäten
in Aussicht gestellt. Nach der Konferenz empfing Wilson Masaryk von dem
tschecho-slowak. Nationalrat, Paderewski vom poln. Nationalkomitee,
Minkowich vom jugoslaw. Rat und andere Vertreter, die dem Präsidenten
ein Programm vorlegten, in dem sie ihn versicherten, daß die unterdrückten
Nationalitäten jetzt energisch und vereint hinter dem amerik. Kriegsziele
stünden. Das Programm fordert ein freies Böhmen, eine freie jugoslaw.
Nation und die Gründung eines freien Polens.
24. Sept. Konferenz mit Deutschland. (S. Schweiz.)
27. Sept. (New York.) Wilsons Völkerbundsrede.
Zur Eröffnung des Werbefeldzuges für die vierte Freiheitsanleihe
(s. u.) hält Präsident Wilson in New VYork folgende Rede: Mitbürger!
Ich bin nicht hier, die Freiheitsanleihe zu fördern. Dies geschieht — ge-
schickt und mit Begeisterung — durch Hunderttausende getreuer und un-
ermüdlicher Männer und Frauen, die es unternommen haben, sie Ihnen