718 B. Der Wassenstilstand zwischen dem Vierbund und der Entente.
bestehen unter uns gewisse Kontroversen, die wir bereitwillig der Ent-
scheidung der allgemeinen Friedenskonferenz überlassen.
In seiner Antwort auf das Memorandum erklärt General Franchet
d'’Esperey, die Ungarn seien bis 1867 in Frankreich beliebt gewesen, seitdem
seien sie aber vollständig in das Gängelband der Deutschen geraten und
hätten die Nationalitäten unterdrückt. Diesem Ungarn gegenüber hegten
die Völker der Entente ebenso feindliche Gefühle wie gegen Deutschland.
Die Ungarn seien mit den Deutschen zusammengegangen, sie würden daher
mit diesem zusammen büßen und bezahlen. In der gegenwärtigen kritischen
Lage könne allein Graf Michael Karolyi die schweren Uebel des ung. Volkes
lindern. Die Ungarn mögen sich daher um den Grafen Karolyi scharen.
Hierauf übergibt General Franchet d’Esperey die Waffenstillstands-
bedingungen, die in ihren Grundsätzen den an der ital. Front an-
genommenen ((. o.) entsprechen. Der erste Punkt der Konvention bestimmt,
daß die ung. Regierung jene Gebiete militärisch räumt, welche von der
Szamos, der Bestercze, von Maros-Vasarhely, dem Marosfluß bis zu dessen
Mündung in die Theiß, dann von Szabadka, Baja, Pecs und der Drau
bis zur kroatisch-slavonischen Grenze begrenzt werden. Bezüglich der
deutschen Balkantruppen wird bestimmt, daß sie binnen 10 Tagen das ung.
Gebiet räumen müssen, andernfalls werden sie interniert.
Die ung. Friedensdelegation nimmt die Waffenstreckungsbedingungen
grundsätzlich an, sie erklärt jedoch den Vertrag nur in dem Falle unter-
zeichnen zu können, wenn die Entente bis zu den Friedensverhandlungen
die gegenwärtigen Grenzen des ung. Staates gegen jeden Angriff der Nachbar-
staaten garantiere. Diese Erklärung wird durch Vermittlung des Generals
Franchet sofort telegraphisch den Regierungen der Entente übermittelt. Auf
dieses Telegramm ergeht, wie Graf Karolyi am 10. Nov. im ung. National-
rat mitteilt, an General Franchet d’'Esperey folgende Antwort: „Ich ersuche
Sie, mit dem Grafen Karolyi nur über militärische Fragen mit Ausschluß
jeder anderen Frage zu verhandeln. Das ist definitiv richtunggebend.
Clemenceau.“ Graf Karolyi bemerkt dazu, diese Antwort sei weder ver-
neinend noch bejahend, doch müsse man sie nach seiner Ansicht als abweisend
betrachten. (Den ausführlichen Bericht des „Ung. Tel.-Korr.-Büro“ über
die Verhandlungen in Belgrad und die Waffenstillstandsbedingungen s. in
der „Wiener Ztg.“ 1918 Nr. 259.)
13. Nov. (Belgrad.) Unterzeichnung des Waffenstillstands-
vertrags zwischen Ungarn und der Entente.
Nachdem der ung. Nationalrat am 10. zugestimmt hat, unterfertigt
Minister Bela Linder namens der ung. Regierung die Militärkonvention,
welche die Anwendung des an der ital. Front abgeschlossenen Waffenstill-
standsvertrages auf Ungarn verfügt. (Convention militaire d'armistice
entre les Armées Alliées d'’orient et I’Etat Hongrois.) Die Konvention
wird für den Verband im Auftrage des Oberbefehlshabers der Balkantruppen
vom serbischen Generalissimus Wojwoden Mischitsch und dem franz. General
Henrys unterschrieben. Sie ist identisch mit dem Text, den Graf Michael
Karolyi mit General Franchet d'Esperey vereinbart hat. Demzufolge bleibt
die Verwaltung auf dem ganzen Gebiete Ungarns ungarisch.
4. Der Waffenstillstand zwischen Deutschland und der Entente.
(Das deutsche Friedens- und Waffenstillstandsgesuch v. 3. Okt.
und den daran sich anschließenden Notenwechsel zwischen Präsident Wilson
und der deutschen Regierung s. S. 608 ff.)