Full text: Europäischer Geschichtskalender. Neue Folge. Vierunddreißigster Jahrgang. 1918. Zweiter Teil. (59b)

1. Aus ben Geheimakten des ehem. ruff. Ministerinms des Auswirtizen. 755 
Wohnen in den Grenzen ihres Gebiets zu gestatten. Wenn die Ueberfüh- 
rung eines Anarchisten an die Grenze seines Heimatlandes es notwendig 
machen sollte, ihn durch ein oder mehrere Zwischenländer zu transportieren, 
so sind die Behörden des Nachbarlandes gehalten, das Eintreffen des Trans- 
ports stets rechtzeitig anzuzeigen. Die Behörden des Heimatlandes des Aus- 
gewiesenen sind gleichfalls rechtzeitig sowohl von der Ausweisung, als auch 
von dem Wege des Transports zu benachrichtigen. Sowohl das Gesamt- 
verzeichnis der Beamten, die von der Ausweisung und dem Transport von 
Anarchisten zu benachrichtigen sind, als auch das Verzeichnis der Grenz- 
orte, wohin diese Anarchisten geschafft werden müssen, bleibt ein Geheimnis 
zwischen den vertragschließenden Ländern. Falls zwischen den einzelnen 
interessierten Ländern nichts anderes vereinbart werden sollte, entfallen die 
Transportkosten auf jedes Land in Höhe der Auslagen, die es durch den 
Transport des Ausgewiesenen auf seinem eigenen Territorium hat. 
II. In jedem Lande ist ein zentrales Polizeibureau zu gründen, das 
die Sammlung von Mitteilungen über Anarchisten und ihre Tätigkeit zur 
Aufgabe hat. 
III. Den Zentralbehörden eines jeden Landes liegt es ob, zu bestimmen, 
auf welchem Wege die kompetenten Organe die erforderlichen Mitteilungen 
über die in ihrem Gebiet sich aufhaltenden Anarchisten und über ihre Tätig- 
keit dem zentralen Polizeibureau zuzustellen haben. 
IV. 1. Jedes Zentralbureau ist verpflichtet, den Bureaus der anderen 
vertragschließenden Länder Mitteilung zu machen: a) von jeder Ausweisung, 
b) von jeder freiwilligen Ausreise eines Anarchisten, der sich auf dem Terri- 
torium des betr. Staates befindet. 2. Diese Mitteilung muß von einer 
Notiz über das frühere Leben und, wenn möglich, von einer Photographie 
des Anarchisten begleitet sein. Es ist sehr erwünscht, daß der Ort und die 
Zeit des Uebertritis des Anarchisten in das Nachbarland in der Notiz an- 
gegeben und diese selbst so rechtzeitig zugestellt wird, daß die Beobachtung 
im Lande des Reiseziels des Anarchisten sofort einsetzen kann. 3. Wenn 
ein Anarchist das Gebiet eines der Zentralbureaus insgeheim verlassen hat 
und sein Aufenthaltsort unbekannt ist, so müssen sämtliche übrigen Bureaus 
unverzüglich davon in Kenntnis gesetzt werden, um das Auffinden dieses 
Aufenthaltsortes zu erleichtern. 4. Wenn der Grenzort, über welchen der 
Anarchist im Falle seiner Ausweisung bezw. seiner freiwilligen Ausreise 
reist, im voraus bekannt ist, so wäre es nützlich, nicht nur das Zentral- 
bureau, sondern auch die Behörden dieses Grenzorts zu benachrichtigen. 
Das Zentralbureau eines jeden Landes ist verpflichtet, allen übrigen Bureaus 
ein Verzeichnis der Grenzbehörden zu übersenden, an welche sie sich in 
solchen Fällen zu wenden haben. « 
V. Jedes Zentralbureau ist verpflichtet, alle ihm zugehenden Mit— 
teilungen über verbrecherische Verschwörungen anarchistischen Charakters 
unverzüglich allen übrigen Bureaus der vertragschließenden Länder zur 
Kenntnis zu bringen. 
VI. Jedes Zentralbureau ist verpflichtet, an alle übrigen Bureaus 
nicht später als sechs Monate nach Eingang alle Nachrichten weiterzugeben, 
die sich auf bedeutendere Ereignisse in der anarchistischen Bewegung seines 
Gebiets beziehen. Alle Bureaus sind außerdem verpflichtet, alle Fragen 
der anderen Bureaus, die sich auf die anarchistische Bewegung beziehen, 
unverzüglich zu beantworten. Die oben angeführten Maßregeln gelangen 
vom Tage der Unterzeichnung des gegenwärtigen Protokolls zur Aus- 
führung. Jede unterzeichnete Macht verpflichtet sich, mit jeder der anderen 
unterzeichneten Mächte gemäß den Bestimmungen dieses Protokolls un- 
verzüglich in Verbindung zu treten. Mächte, die dieses Protokoll nicht 
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