2. Zur Schuldfraze am Ausbruch des Welkkrieges. 763
4eshaobb ror einigen Tagen den Aiiftrag erhalten, von Italien æ2u rerlungen,
dali dieses seine ganæge Politih ändere, da sonst ein lüngeres Einrernehmen
niclit möqlieh sei. Der Auftrag habe so scharf gelaidet, dali San Giidiano
ganæe aufgebracht sei, und in dieser Snanniing iisrschen Oeste-reie und
Italien liege ein die Situation sehr ersechirerendes Moment. Die Aufteilung
Serbiens oder auch nur die Anneæion des die bBicht von Cattaro be—
herrschenden Berges Loveen in Montenegro durch Oesterreich cü#de
Italien nicht, ohne dafin Kompensationen æu erlangen, dilden. Es er-
scheint nicht ausgeschlossen, dali Italien die Einberusungqg seiner He-
serven, die es mit der innerpolitischen Lage rechtfertigen iill, æu dem
Zicech rornimnit, ium gegegenenfalls æaur hesefeung von Valona zus selireiten.
Herr Zimmermann ist der Meiniing, dali Oesterreich sich dem niclit
iidersetzen sollte, da L'alona eine neue Ackhillesferse fiir Italien bilden
77-Niqde znd die Entfernung ZSKR NndS·#nd F’alon a# groct sei,
als dali es den Italienern gelingen hönnte, die Adrioa völliq 2zi serren.
Vielleieht darf auch aus einer deridierung des österr. ung. Botschaftsrats,
7%MMd nach seiner persüönlichen Meinung Valona den Italienern ge-
geben irerden hönne, gesclilossen ierden, dali man sieh in M'ien bereits
mit einer Festsetænngq der Italiener in Südalbanien rertraut macht.
Wie ich ganz vertraulich gehört habe, ist der Botschaftsrat Prinz Stol-
berg in Wien, der vor einigen Tagen hier war, beauftragt worden, die
Frage einer Entschädigung Italiens mit dem Grafen Berchtold zu besprechen
und dabei in inoffizieller Form einfließen zu lassen, daß man Italien wohl
dauernd gewinnen würde, wenn Oesterreich sich im Falle größerer Gebiets-
erweiterungen zur Abtretung des südlichen Trentino, d. h. desjenigen Teils
des Erzbistums Trient, das nie zum alten deutschen Reich gehört hat, an
Italien verstehen würde. Dalß das Hiener Kabinett diesem Gedanken
nähen treten irerde, iird hier allerdings haum erirartet, und man hat
absichtlien den hotschaftsrat und nicht den gleichfalls in Hien an—
#rcesenden Botschafter heauftragt, das Gespräch auf das Trentino 2i
bringen, um niclt dureh eine derartige offizielle Anregung æu verstimmen. )
Was Bulgarien anlangt, so nimmt die hiesige österr. ung. Hot-
schaft an, dali König Ferdinand den dusbruch eines Krieges airischen
Oesterreieh und Serbien benuteen iriirde, um 2zur HRiickgeirinnung des
im Bidarester F'rieden verlorenen Gebietes gleichfalls gegen Serbien los-
zuschlagen. Da die Gefasn bestelht, doß in diesem Falle Itumũnien,
!re Im z#eisken Bolranderieg, sich gegen Bulfgyarr'ien irenden 0((de — an
einer dahingehenden Beeinflussungq seitens Itulilands, das direht niclits
gegen Bulgarien unternehmen iird, diirfte es aueh diesmal nicht fehlen —,
s0o hat man von hier aus den König Karol, mit dessen Haltung man
in leteter Zeit irenig 2ufrieden itar, in nicht misizuverstehender Weise
irissen lassen, dali Deritschland sich auf seiten Bulqariens stellen irürde,
falls Rumũnien niceht Serbien fallen lasse. Nach der Anticort des Königs
nimmt man hier an, dali stumũnien IHuhe halten icird, falls ihm eine
Entschädiging in Aussicht gestellt irird. Als solehe hme das Gebiet ium
Vidin in Betracht, dessen Berölherung in der Hauptsache aus Itumiinen
besteht. Damit ½%d##ee dann icohl lumũünien fiir den Dreibund, der sich
in diesem Falle als niitælicher und stärher als der LZueibund eririesen
hãtte, von selbst 2urückgeironnen. Griechenland, das eine Verhleine-
rung Serbiens nicht ungern sehen itiirde, 7/°de im Epirus æu entschäũ-
1) Für diesen Absatz stand in der Fassung der „Korr. Hoffmann“: „Nicht uninteressant
ist es, daß in diesem Bericht auf die ganz vertrauliche Mitteilung hingewiesen wird, wonach
der deutsche Botschaftsrat Fritz Stolberg in Wien schon vor einigen Tagen bei Oesterreich die
Frage einer Entschädigung Italiens durch Abtretung des südlichen Trentino erörtert habe.“