3. Jur Kriegspslitik Gekerreich-Ausarns 799
Daraufhin bezeichnete Prinz Sixtus seiner Mutter als die seiner Ansicht
nach grundlegenden Bedingungen für einen Frieden seitens der Entente:
Rückgabe Elsaß-Lothringens an Frankreich im Umfange des Jahres 1814,
Wiederherstellung Belgiens und Serbiens, Uebergabe Konstantinopels an
Rußland. Am 13. Febr. weilte der Prinz von neuem in der Schweiz und
hatte dort eine Zusammenkunft mit einem Bevollmächtigten Kaiser Karls,
der ihm mitteilte, daß der Kaiser mit einem Friedensschluß auf folgender
Grundlage einverstanden sei: 1. Ein geheimer Waffenstillstand mit Rußland,
da Oesterreich an dem Schicksal Konstantinopels kein Interesse habe, 2. die
Rückgabe von Elsaß-Lothringen, 3. die Wiederherstellung Belgiens, 4. die
Errichtung eines südflawischen Königreichs, das Bosnien und die Herzego-
wina, Serbien, Albanien und Montenegro umfasse. Der Prinz ersuchte
daraufhin den Kaiser um die Mitteilung genauer Vorschläge, auf deren
Grundlage eine diplomatische Aktion erfolgen könne. Am 21. Febr. kehrte
der Unterhändler nach der Schweiz zurück und brachte außer einem franz.
geschriebenen und von ihm selbst unterzeichneten Dokument, dessen Entwurf
von dem inzwischen von Kaiser Karl informierten Grafen Czernin stammte,
eine geheime, vom Kaiser deutsch geschriebene Verbalnote mit. Am 5. März
wurde Prinz Sixtus vom Präsidenten Poincaré empfangen, dem er zunächst
das vom Grafen Czernin verfaßte Dokument übergab. Cezernin erklärte
darin das Bündnis mit Deutschland für unauflösbar und einen Separat-
frieden für unmöglich. Er verlangte Garantien gegenüber Serbien und
versicherte nur, daß Oesterreich keine Einwendung gegen einen Verzicht
Deutschlands auf Elsaß-Lothringen erhebe. Belgien müsse wiederhergestellt
werden; die Kosten hierzu müßten alle Kriegführenden zahlen. Poincaré
erklärte diese Note für völlig ungenügend. Daraufhin zeigte der Prinz dem
Präsidenten die geheime mündliche Note des Kaisers, die in ihren wich-
tigsten Punkten lautete: Punkt drei: Wir werden Frankreich unterstützen
und auf Deutschland nach Kräften einen Druck ausüben. Der vierte Punkt
lautete: Wir haben die größten Sympathien für Belgien und wissen, daß
ihm ein Unrecht widerfahren ist. Wir sind Belgien eine Wiedergutmachung
des entstandenen Schadens schuldig. Der fünfte Punkt lautete: Wir sind
nicht in den Händen Deutschlands und haben trotz des deutschen Druckes nicht
mit Amerika gebrochen. Unser einziges Ziel ist, die Monarchie in ihren
gegenwärtigen Grenzen zu erhalten. Poincaré erblickte in der Note eine
geeignete Grundlage für Verhandlungen und erklärte sich bereit, die kaiser-
lichen Vorschläge dem Zaren, dem König von England und Lloyd George
zu übermitteln. Von JItalien dagegen fürchtete er ernstesten Widerstand, es
würde sich nur gegen einen hohen Preis bereitfinden zu einem Verzicht
seiner Pläne auf Triest. Indiskretionen italienischerseits gegenüber Deutsch-
land seien durchaus möglich.
Gleichzeitig mit der Anknüpfung der Beziehungen zu Frankreich durch
den Prinzen Sixtus suchte die Wiener Regierung eine Verständigung über
die Kriegsziele mit Deutschland herbeizuführen. Anfangs März teilte sie
dem Reichskanzler v. Bethmann Hollweg mit, daß sie Gelegenheit zu nicht
aussichtslosen Friedensbesprechungen mit Frankreich zu haben glaube. Zu
ihrer Erörterung erschien der Reichskanzler persönlich in Wien, wo am
16. März unter dem Vorsitz des Grafen Czernin eine Besprechung stattfand,
an der außer dem Reichskanzler noch der deutsche Botschafter Graf Wedel,
der deutsche Unterstaatssekretär v. Stumm und die österr. Botschafter Prinz
Gottfried zu Hohenlohe und v. Merey teilnahmen. Dabei machte Graf
Czernin von seiner Absicht Mitteilung, den Grafen Mensdorff nach der
Schweiz zu entsenden, um mit dem französischen Vertrauensmann Fühlung
zu nehmen, und bezeichnete als Zweck der Besprechung die Feststellung der